Rezension "The Quest" YES VÖ: 01.10.2021

Rezension "The Quest" YES VÖ: 01.10.2021

veröffentlicht: 01.10.2021

Jon Davison ; Geoff Downes ; Steve Howe ; Chris Squire ; Alan White
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JJG
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Rezension "The Quest" YES VÖ: 01.10.2021

Beitrag von JJG »

Yes – „The Quest“ – Review

Mit Gänsehaut endet der 7. Durchlauf des neuen Yes-Albums. „A Livng Island“ versursacht mir dieses Gefühl, für mich das Highlight dieser Scheibe. Ein sehr schönes Stück in dem Davison die Veränderung seines Lebensmittelpunktes beschreibt und das sehr emotional.
Geschrieben wurde das Lied vom Duo Davison/Downes, Steve drückt ihm aber seinen Stempel auf. Hin und wieder glaube ich Jon Anderson zu hören und in der Bridge fährt der „Last Train Home“ der Pat Metheny Group durch. Wer das kennt, weiß was ich meine.

Bild

Regulär wird damit die CD 1 beendet.

Dann folgt CD2, inzwischen ist mir auch klar, warum man für diese drei Songs eine separate CD wählt. Vorab sei gesagt, dass es für mich so eine Art "Testballon" darstellt, weil sich diese Stücke von den anderen unterscheiden.

Die Geschichte von Yes ist wie die von Star-Trek, Kirk lebt noch, die Besatzung ist aber mit Sulo unterwegs zu anderen Galaxien. Spock ist in einer anderen Dimension. Scotty aber noch im Maschinenraum, kaum zu sehen, treibt das Schiff an, aber nicht mehr mit Warp 6.

Track 1 und 2, „The Ice Bridge“ und „Dare to Know“ sind bereits bekannt, ersteres im Duo Downes/Davison geschrieben, später um Monkeman erweitert. Ein Neo-Progie, mit allen Zutaten, aktuellem Text, der auf die menschlichen Probleme verweist. Geoff darf sich austoben, Billy treibt den Rhythmus und Alan White an. Die Orchestrierung und Steves Gitarren geben der Sache die Würze. Das Stück ist nicht spektakulär, aber ein guter Opener. Die Downes-Story um die Komposition glaube ich persönlich nicht.

„Dare to Know“ ist eine typische Howe-Ballade, passend auch für sein „Love Is“ Album, wenn man die Keyboards gedanklich weg lässt. Im Duett mit Jon Davison singt der Gitarrist und hat für sich in den letzten Jahren einfacherer Strukturen entdeckt und lässt seine Gitarren darüber tönen. Der Keyboarder kann gemeinsame Klangteppiche mit dem Orchester beisteuern.

„Minus the Man“ aus der Feder vom Sänger und dem Bassisten beginnt gemächlich und steigert sich dann, das Orchester gefällt mir, solange sich die Stimmen in ihren natürlichen Höhen bewegen macht das auch Spaß. Wenn es dann in gepresste Hochtöne geht, fällt es ab. Ganz rund ist die Sache nicht, zumindest in der zweiten Hälfte des Songs. Da Steve auch produziert, verhindert er die Überladung, die leider in vielen Sherwood-Kompositionen zu finden ist.

„Leave well Alone“ schließt sich an, der Bandchef hat hier alles in der Hand. Auffällig, der Gesang geht hier deutlich in Richtung Simon and Garfunkel. Er bricht diese angenehmen Song-Strukturen durch ständige Gitarren-Breaks auf... mal akustisch, dann wieder elektrisch. Eine Fusion aus Folk- und Rock/Pop- Song voller akustischer Gitarren, ohne Schnickschnak-Amps bei den elektrischen Klampfen. Auffällig, auch hier wirkt Geoff (fast nur) im Hintergrund mit Orgel-Teppichen. Steve wäre auch nicht Steve, wenn er nicht noch ein E-Solo im Retro-Stil hinten drauf packt. Somit mutiert dieser Song dann zum längsten Stück auf dem Album.

Abgelöst wird das dann vom zweiten Sherwood/Davison Beitrag – „The Western Edge“. Leider steigen Bassist und Sänger in Höhen, die sie nicht wirklich ausfüllen können. Dazu holpert man sich durch den Song, ganz in „Open your Eyes“ – Manier, Keyboards, die nicht wirklich passen, selbst der Gitarrist fiedelt irgendwo im Hintergrund. Hier und da blitzt es mal auf… Hier möchte man aber gern weiter skippen. Der schwächste Song des Albums, jedenfalls für mich.

Auch Davison ist ein guter Gitarrist ist, das zeigt sich in seiner Solo-Komposition „Future Memories“. Ein sehr persönlicher Text, gut ausbalancierte Stimmen und Gitarren, selbst die Backing-Vocals von Billy Sherwood passen. Keyboards im Support, einfache Gitarren-Akkorde lassen dem Hörer viel Raum und Zeit, bieten feine Zutaten durch die alle anderen Instrumente. Sehr angenehm.

Song NO.7 hat ein Piano-Intro für die Steve Howe- Komposition „Music to my Ears“. Sehr folkig, erinnert stark an Bands und Sounds der 68er. Flower-Power, die Band steckt dem Hörer Blumen ins Haar. Die Keyboards stören hier und da. Wenn man im gefühlten LSD-Himmel angekommen ist, fällt die Band in einen kurzen Tunnel. Dieser wird aufgelöst und man wandert wieder zurück an Yasgurs Farm. Vielleicht eine gute Antwort auf all die Auseinandersetzungen in dieser Welt und Steve sitzt derweil in Devin unter dem Cornwall-Himmel.

Dann kommt mein Sommer-Hit „A Living Island“ (natürlich nach Abbas „I have Faith in You“), vielleicht auch weil ich im Moment auf meiner sentimentalen Insel bin. Davison liefert hier sein bestes Stück ab, das ich je von ihm gehört habe. Dieses ist in Zusammenarbeit mit Geoff Downes entstanden. Eine Super-Ballade auch wenn doch einiges (ja auch hier) geklaut ist, selbst bei Jon Anderson.

Steve ist herausragend, gibt hier alles was ihn auszeichnet, hier als guter Support mit allem was sich in seinem Instrumenten-Fundus dafür anpassen lässt. Für mich sehr persönlich, hat Tiefe, Hooklines und ein klasse Abschluss für ein gutes Album.

Die CD2 ist mir drei Stücken gefüllt, die man als unplugged + Keys bezeichnen kann. 1 x Davison, zwei Mal Dr. Howe . Sparsam wird hier instrumentiert, gesungen und arrangiert. „Sister sleeping Soul“, „Mystery Tour“ und „Damaged World“ könnte man auch am Lagerfeuer spielen. Dabei werden die Fans schnell erkennen, dass man thematisch wieder in den 68ern gelandet ist und „Mystery Tour“ handelt natürlich von wem? Klar The Beatles. Diese Songs sind wieder ganz nah an Steves letztem Output.

Ja, ganz im Sinne des Songtitels sind die aktuellen Bandmates auf der Suche nach einer neuen musikalischen Identität. Man löst sich vom Image „nur“ in den alten Strukturen zu leben und diese „alten“ Songs bis zu bedienen. Hut ab für diesen Mut! Steve das ist der richtige Weg, wenn auch nicht jeder Fan diesen mitgehen wird.

Das sind nicht Anderson/Squire, die das Markenzeichen YES gegründet und entwickelt haben. Wenn man sich aber öffnet für Neues, dann wird man hier an vielen Stellen gut versorgt. Liebt man vor allem oder nur die Großwerke, wird man eher enttäuscht sein. Das dieses Album polarisiert war von Anfang an klar.

Für mich liegt es vor „Heaven and Earth“ und „Open your Eyes“. 5,5 von 10 Sterne im Yes-Maßstab, 7,5 Sterne im „Nicht-Yes-Himmel“.

Ich freue mich schon auf die LP-Version um die Texte genauer nachvollziehen zu können und die Feinheiten des Covers und der Gitarren (welche, wann, wo) zu erforschen.

Allen Fans wünsche ich viel Spaß mit diesem Output, kann aber verstehen, wenn das für Fans nicht mehr „meine Yes“ sind.
Ich glaube es wird das letzte Studio-Album mit diesem Lineup sein. Ich freue mich schon auf die Tour um ein Stück alte Yes und neue Yes zu genießen. „Das Weltall – unendliche Weiten …“

P.S. – vielen Dank an den Gönner, ich konnte nicht anders.
"We are truth made in heaven, we are glorious" (Anderson/Stolt 2016)

Saaldorf

Caravan
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Re: Rezension "The Quest" YES VÖ: 01.10.2021

Beitrag von Caravan »

Vielen Dank für die ausführliche Beschreibung und damit verbundene Steigerung der Vorfreude....
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Aprilfrost
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Re: Rezension "The Quest" YES VÖ: 01.10.2021

Beitrag von Aprilfrost »

Danke für die Rezension. Ich bin nicht nur gespannt auf das Album - ich kann es kaum erwarten.
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AndreasG
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Re: Rezension "The Quest" YES VÖ: 01.10.2021

Beitrag von AndreasG »

Habe auch das Glück, die Platte seit ein paar Tagen hören zu können.
Meine Favoriten sind der erste und der letzte Song, der regulären Platte.
Der Rest will bei mir nicht so richtig zünden.
Am ehesten stört mich Davison, wenn er zu hoch singt und manches ist leider nicht Music to my ears, sondern unausgegoren in meinen Ohren.
Klar erinnert viel an die Band die wir lieben.
Manchmal singt nicht Davison, sondern?
Oder Davison singt in "normaler" Tonlage, das klingt gut. Auch wenn er mit Howe singt klingts vernünftig.
Abgesehen vom ersten und letzten Track gefallen mir die 3 Bonussongs am besten.
Vermutlich, weil man sich hier gar nicht bemüht nach Yes zu klingen.
Diese 3, zugegeben, einfachen Lieder, klingen sehr entspannt und unangestrengt.
Was aber auch ungefähr das gleiche ist. :biggrinn:

Hab schlimmeres befürchtet, freu mich auf die Deluxe Box.

Member Z
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Re: Rezension "The Quest" YES VÖ: 01.10.2021

Beitrag von Member Z »

Auch von mir eine DANKE für die Mühe und die interessanten Einblicke. Ich bin ja nicht so der Album-Fan und kaufe nur Live-Konzerte
als Blu-ray bzw. DVD. Aber bei YES mache ich sicher noch eine Ausnahme - bei DEM Appetizer... :good:

Peter
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Re: Rezension "The Quest" YES VÖ: 01.10.2021

Beitrag von Peter »

Danke für die ausführlichen und sehr ausgewogenen Rezis, ich freue mich sehr auf das neue Album, finde es sehr spannend, dass die Band nochmal neue Seiten und Identitäten zeigen, so dass meine Vorfreude nach dem Lesen nochmal deutlich gesteigert ist!
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SOON
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Re: Rezension "The Quest" YES VÖ: 01.10.2021

Beitrag von SOON »

Danke für die Rezi, JJG. Schon wieder fleissig am Ball! :good:

Ich werde sie erst lesen wenn ich das Album gehört habe.
So bleibt noch die Neugierde und der Überraschungseffekt erhalten.
MAKE PROG NOT WAR ! ---> ---> My 2023 Album Faves
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JJG
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Re: Rezension "The Quest" YES VÖ: 01.10.2021

Beitrag von JJG »

Vielen Dank für euer Feedback. Ich konnte nachts nicht schlafen also gingen mir ein paar Gedanken durch den
Kopf. Also hab ich mir das von der Seele geschrieben.

Es war ein schöner Lichtblick und Ablenkung.
Am Mittwoch geht es endlich heim. Dann kann ich
wieder vernünftig Musik hören.
"We are truth made in heaven, we are glorious" (Anderson/Stolt 2016)

Saaldorf

Caravan
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Re: Rezension "The Quest" YES VÖ: 01.10.2021

Beitrag von Caravan »

Das hört sich sehr gut an.....

Soundchasing
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Re: Rezension "The Quest" YES VÖ: 01.10.2021

Beitrag von Soundchasing »

JJG hat geschrieben: Sa 11. Sep 2021, 22:08 Vielen Dank für euer Feedback. Ich konnte nachts nicht schlafen also gingen mir ein paar Gedanken durch den
Kopf. Also hab ich mir das von der Seele geschrieben.

Es war ein schöner Lichtblick und Ablenkung.
Am Mittwoch geht es endlich heim. Dann kann ich
wieder vernünftig Musik hören.
Lieber JJG,
auch von mir vielen Dank für die Rezi und für die nachvollziehbare Einordnung, die uns eine tragfähige Brücke bildet zu der neuen Yes-Musik. Für dich viel Erfolg bei deinem Genesungsprozess. Ich bin aber sicher, dass deine liebe Familie und die gute Musik zusammen helfen werden. Ich freue mich, dich wieder zusehen.
Dein Soundchasing
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