1991 gründete Dave Matthews die gleichnamige Band, die in den Staaten sehr erfolgreich ist, weltweit über 33 Millionen Studioalben verkauft hat und zwei Grammys gewonnen hat und in Europa weitgehend unbekannt ist. Dies änderte sich leicht mit dem 2009 erschienenen Album „Big Whiskey and the GrooGrux King“, was zumindestens in Großbritannien in den Charts Erwähnung fand.
Warum die DMB hierzulande jedoch weiterhin ein Geheimtip ist, ist nach dem Konzert am Dienstag, dem 16.02.2010, im Hamburger CCH nicht verständlich.
Der Saal 1 des Hamburger CCH ist ein gänzlich schmuckloser, kalter, 3000 Reihenplätze fassender Raum. Dies und die Tatsache, dass es sich um ein reines Sitzplatzkonzert handelt, stellen nicht gerade die besten Voraussetzungen für ein gutes Konzert dar. Das all dies schnell vergessen und das Konzert einzigartig wurde, probiere ich im Folgenden darzustellen.
Ich habe es noch nie erlebt, dass bei einem bestuhlten Konzert, das Publikum über die Dauer des Konzertes steht. Das Konzert dauerte übrigens zweieinhalb Stunden. Wäre auch schade gewesen, denn Matthews Musik ist durchaus tanzbar.
Als Opener wurde einmal mehr Don’t drink the water verwendet. Mit ruhigen Soundflächen als Intro und Wimmern Matthews‘, das sich bis zu Schreien steigert erinnert dieses Stück am ehesten noch an Peter Gabriel. Bereits bei diesem Stück konnte man hören, dass Matthews sehr gut bei Stimme war und die Abmischung im CCH ausnahmsweise mal gelungen ist. Nach diesem Rocker begrüßte Matthews in einer für ihn typischen nichtssagenden Ansage das Publikum. Es sei das erste Konzert in diesem Jahr und die Band hoffe, den Test zu bestehen. Damit, dass sie den Test bestehen haben die anwesenden Konzertgäste, wohl allesamt Fans bestimmt gerechnet, aber dass weit darüber hinaus die DMB die Messlatte für weitere Konzert in andere Sphären befördert, hat mich überrascht.
Als nächstes wurde etwas überraschend die erste Single-Auskopplung des aktuellen Albums rausgehauen. Normalerweise wird dieses Stück eher später im Set gespielt. Dies zeigt, dass die DMB nicht nur in der Liedauswahl, sondern auch in der Reihenfolge flexibler als so manch andere Band ist. Funny The Way it is finde ich besonders vom Text her sehr stark und die gekonnten Soli der Instrumentalisten veredeln diesen Song noch weiter.
Why I am ist dem 2008 verstorbenen Saxophonisten LeRoi Moore gewidmet. Dieser Song geht in der Live-Version richtig ab hat sich mir erst beim Konzert so richtig erschlossen.
Mit Squirm brachte die Band einen weiteren Titel von „Big Whiskey“, der jedoch auf dem Album nicht annähernd die Intensität der Live-Performance erreicht. Matthews zeigt, was seine Stimme alles kann. Die immer wiederkehrende Phrase „drum beats louder“ ist eigentlich gar nicht nötig, denn Schlagzeuger Carter Beauford ist einfach unglaublich. Nicht nur, dass sein Sound umwerfend präzise und dynamisch ist, auch trommelt er komplizierte Rythmen nicht nur mit großer Leichtigkeit, sondern zumeist auch grinsend und vor allen Dingen immer Kaugummi kauend. So verwundert es auch nicht, dass Beauford einen richtigen eigenen Fanclub zu haben scheint. Als sich die „Carter, Carter“-Rufe nach den Stücken immer weiter steigerten begrüßte er auch selbst noch das Publikum.
So damn lucky will in der Live-Version gar nicht mehr enden und steigert sich von dem zunächst winselnden einfühlsamen Gesang Matthews zu einem Duell aus Gitarre und Bläsersatz untermalt von Matthews melodischen Rufen.
Lying in the Hands of God ist ein verhältnismäßig ruhiger Titel, der einfach nur schön ist. Auch dieses Stück ist in der Live-Version auf die doppelte Länge angewachsen. Dies liegt erstens daran, dass Saxophonist Jeff Coffin fünf Minuten lang zeigen darf, was er kann und damit sehr beeindruckt hat. Am Rande ist hier noch zu erwähnen, dass Matthews manchmal die Sax-Melodie nachsingt, so wie Ian Gilan von Deep Purple es gerne bei Gitarren macht.
Das markante Riff von Seven hätte auch ohne Ansage klar gemacht, welches Lied jetzt kommt. Den kleinen Jungen, dem die Mädchen den Kopf verdrehen spielt Matthews sehr verschmitzt. Überhaupt ist seine Performance sehr charmant. An sich nicht spektakulär, aber sympathisch ehrlich.
Jimi Thing ist ein längeres Stück (15 Minuten), das ich vor dem Konzert nicht kannte. Hier bekam E-Violinist Boyd Tinsley seinen Auftritt. Die Besetzung einer „Rockband, in der eigentlich alle Jazzer sind“, so Matthews über den Musikstil seiner Band, mit einer Violine ist schon ungewöhnlich genug und alleine von der äußeren Erscheinung Tinsley würd man wohl kaum auf seinen Beruf kommen, aber das Instrument, welches Tinsley sehr gut beherrscht fügt sich gut in den Bandsound ein. Auch wenn ich mich zugegebenermaßen erst sehr dran gewöhnen musste.
Es folgt nun der eigentliche Opener des 2009-Albums (Grux lass ich jetzt einfach mal raus), der schnörkellos und rockig wie er nunmal ist, dargeboten wird. Shake me like a monkey geht einfach ab, man kann dem Groove nicht entfliehen.
Mit Gravedigger folgt ein Solo-Stück von Dave Matthews, was ihm sogar einen Grammy einbrachte. Dies zeigt auch, dass die Grenzen zwischen der Dave Matthews Band und den Soloprojekten ihres Namensgebers durchaus fließend sind. Die Akustikkonzerte mit DMB-Live-Gitarrist Reynolds mal ausgenommen.
Spaceman ist ein ruhiges Stück des 2009-Albums, das sehr entspannt dahergroovt und der Albumsversion treu präsentiert wurde.
Nach einem kurzen Gespräch auf der Bühne einigte sich die Band darauf als nächstes das Cover Burning down the house von den Talking Heads zu spielen. Meiner Meinung absolut genial und ein Stimmungsmacher ohne Ende. Großartig!
Everyday kannte ich bisher nur von Steve Hackett, aber die DMB hat anscheinend auch so ein Stück, was mir allerdings nicht sonderlich in Erinnerung geblieben ist.
Als letztes Stück des regulären Sets spielte die Band den Live-Klassiker Ants marching, der nachdem das meiner Meinung nach anstrengende Intro überstanden ist, ein würdiger Abschluss den Konzertes hätte sein können, aber es kam ja zum Glück noch mehr!
Nachdem die Band die Bühne verlassen hatte und Beauford bestimmt 20 Drumsticks ins Publikum geworfen hat, was Erics Vermutung, dass es noch eine Karnevalseinlage gäbe, bestätigte, kamen die sieben Musiker für You&Me und Tripping Billies noch einmal auf die Bühne.
Auf diese Stücke will ich aber gar nicht weiter eingehen, denn nach einer weiteren kurzen Pause spielte sich die DMB in ganz andere Sphären. Ich erkannte es schon am Bass-Intro und war überglücklich. Sie spielten das Dylan-Cover All along the watchtower, das mit dem Original wirklich nur noch den Text gemein hat.
Was Matthews hier an Gesangsleistung abliefert ist einfach überirdisch und die Band spielt einfach atemberaubend. Dass im Mittelteil auch noch Stairway to Heaven (Solo und Ende) eingestreut wurde, musste ich erstmal realisieren. Plant müsste vor Neid platzen, wenn er Matthews diesen Klassiker singen hörte. Mit den Worten „no reason to get excited“ endete der Watchtower, der Abend und mit das beeindruckendste Konzert, was ich je erlebt habe. Ich war völlig fertig und absolut begeistert.
PS1: Die fettgedruckten Songs ergeben die Setlist
![Hänseln :P](./images/smilies/icon_razz.gif)
PS2: Alle Songs lassen sich in teilweise qualitativ sehr hochwertigen Versionen bei Youtube zuhauf finden. Eine Linkliste spar ich mir. Bei Interesse einfach in die Youtube-Suche eingeben, da kommt in der Regel sofort ein gutes Ergebnis.
PS3: Eric, hab ich was vergessen?
![Zwinkern ;)](./images/smilies/icon_e_wink.gif)