Pat Metheny – Konzertbericht vom 01.05.2022 Erfurt
Verfasst: Mo 2. Mai 2022, 16:56
Alles neu macht der Mai. Eine Aussage die auf jedes Konzert mit Pat Metheny zutreffend ist. Der Mann erfindet sich selbst neu, bei jeder Tour kann man etwas anderes erwarten. So habe ich es seit meinem ersten Konzert mit ihm, das war 1990 beim Jazz-Festival in Neuwied, erlebt und so ist es bis heute geblieben.
Mit meinen Freund Bernd gehe ich gern auf Konzerte, spannend diesmal, er hatte laut eigener Aussage den Pat Metheny „noch nicht auf dem Schirm“. Sein Fazit nach dem Konzert war: „genial, ich konnte richtig abschalten“. Natürlich war ich beruhigt, denn Pats Bandbreite ist ja sehr groß, wobei er gestern im Mittelfeld seiner Musik lag, mit Tendenz zu seinem Ursprung, also Jazz der 70er im Trio. Für manch Zuhörer schon stärkerer Tobak, vor allem wenn man Jazz nicht so zur Lieblingsmusik zählt.
In den letzten Jahren hat Metheny leider musikalische Wegbegleiter verloren, die in den vielen Jahren auch ganz enge Freunde geworden waren. Man denke an Michael Brecker, Charlie Haden oder auch Lyle Mays. Alle samt Größen im Jazz, die Maßstäbe gesetzt haben und nicht erst nach ihrem Lebensende Ikonen sind.
In Erfurt nun ganz anders…
Selbst war Pat bereits als Teenager in Gary Burtons Band gekommen und nun gibt er jungen, begabten Musikern die Chance mit ihm zu spielen. Eine schöne Sache, später kann man sagen, ich war in der Metheny – Band. Folgerichtig nennt der dieses Unterfangen auch „SIDE EYE“, die Konzerte werden gelistet und mit Nummern versehen. Ein Konzert wurde bereits auf Tonträger veröffentlicht: „SIDE EYE V1.IV NYC“, eben in Trio Besetzung. Auf das Thema „Nummern“ komme ich späterin Bezug auf die Gitarren zurück.
Aufgrund von … na ihr wisst schon, musste das Konzert zwei Mal verlegt werden, fand nicht in der Oper sondern im Parksaal des Steigerwald-Stadions statt. Wir hatten Rang geordert landeten aber nun im Parkett Reihe 12, mit gutem Blick auf die Bühne. 51€ sind ein guter Preis für so einen hochkarätigen Musiker.
Einen kleinen Merchandise-Stand gab es auch, mein inzwischen verwaschenes T-Shirt mit der Pikasso-Gitarre (ich liebte es) muss nun leider ersetzt werden. Wenn ich in meinen Schrank schaue, gibt es neben Musik-T-Shirts von Pat nur noch welche von YES und FOCUS. Ich hatte im Vorfeld noch gehofft eine LP von „KIN“ am Stand zu bekommen, aber das ist wohl schon zu lange her. Wer zuschlagen möchte, kann die letzten drei Alben als Vinyl oder CD erstehen. Es gab noch drei verschiedene Shirts, 1x zugunsten der Ukraine in den Fahne-farben, dann eine Version mit den Tourdaten auf dem Rücken (nichts für mich) und dann eines mit Anlehnung an das Cover des aktuellen Albums. Ist zwar nicht der große Knaller, aber ein Metheny-Shirt gehört in meinen Schrank, wobei ich große Aufdrucke eigentlich nicht mag, sondern eher dezent.
Schreibt der Jan nun auch noch was zur Musik? Ja endlich, immer diese langweiligen persönlichen Texte mögen jetzt einige sagen, man möge es mir verzeihen.
Das Konzert begann ohne Intro-Musik, sondern wurde von einem Mitarbeiter der Funke-Media-Gruppe angesagt. Mir war schnell klar, es geht nicht nur um eine Laudatio, sondern Pats persönlichen Wunsch. Das heißt keine Fotos, keine Videos und keine Audio-Mitschnitte. Soweit ich das beurteilen konnte, haben sich auch alle dran gehalten. Vorab konnte ich wenigstens Fotos von der Bühne machen. Die großen Kameras braucht ihr hier nicht mitbringen.
Wenn sich auch vieles ändert, manches bleibt gleich. Also begann Pat auch dieses Konzert mit seiner Pikasso-Gitarre, so wie er es auf den letzten Touren gemacht hat. Diese ist ein Unikat aus dem Hause von Linda Manzer, eine Gitarrenbauerin (!), die seit Jahren für Pat arbeitet. Die 42 (!) Saiten wollen gestimmt sein. Das Stück ist nicht nur klanglich, sondern auch optisch ein Hingucker, die ich gerne mal in der Hand halten und spielen würde. Pat hat dem aktuellen Stück noch keinen Namen gegeben. Auf der Setlist steht nur „Pikasso“. Es gibt aber große Anleihen an die Songs, die er bisher damit gespielt hat. Es ist eine Augenweide wie der den Basslauf auf dem „normalen Brett“ mit der linken Hand spielt und die anderen Saiten überwiegend mit der rechten Hand bearbeitet. Zwischendurch gibt es alle möglichen Spielarten, Picking, Flageletto, Plektron … alles was man mit dieser feinen „Klampfe“ machen kann.
Dann betraten die beiden jungen Musiker Chris Fishmann (Piano, Organ, Keyboards) und Joe Dyson (Drums, Percussion) die Bühne und Pat greift zu seiner Gibson 175, sein Signatur-Modell. Er spielt gern auf Modellen mit Humbucker-Pickups, also Gitarren mit Tonabnehmer aus besagtem Hause. Im Gegensatz zum Konkurrenten erreichen diese zwar angeblich nicht die Tonhöhen, sind aber weniger störanfällig und bilden einen schönen dunklen Klang aus, eben typisch für Pats Vorlieben.
Die Stücke mit besagtem Modell sind dann nacheinander:
So May It Secretly begin
Bright Size Life
Better Days Ahead
Timeline
Always and Forever
When We Are Free
So klingen die Stücke wie aus einem Guss. Chris Fishman beginnt bei den ersten Stücken nicht wie ein Keyboarder, sondern eher als Rhythmus-Support in dem er die Bass- und Kontrabassläufe der Songs spielt. Joe Dyson steuert vertrackte Rhythmen bei und weiß sein Kit vollauf zu nutzen. Natürlich klingen die Melodien anders als man es von den Original-Studio-Alben kennt, aber sie sind immer vertraut. Mit jedem Stück bringen sich Pats „Schüler“ ein wenig mehr ein und man merkt sehr schnell wie begabt sie sind. Spannend, gerade fragte ich mich, ob er das ganze Konzert so bestreitet, kommt es zum Klangwechsel.
Farmers Trust
… folgt und er wechselt nicht nur von seiner elektrisch verstärkten Halbresonanz zum Nylon-Saiter (aus dem Hause Linda Manzer – sein Signature-Model No. 6) sondern auch ein anderer Stil wird verwendet. Bisher gab es sein typisches Plektron-Spiel, nun „alle Fünf“ in verschiedenen Picking-Mustern. Für mich immer wieder ganz großes Kino und nun kann ich vollends in die Klangfarben eintauchen.
Message To A Friend
… kommt als nächstes, das sanfte Stück, welches er mit Charlie Haden geschrieben hat.
Dann der Break. Joe Dyson beginnt mit einem Schlagzeugsolo und Pat greift zur Fretless-Gitarre, also die Bundlose und beide intonieren gemeinsam:
Trigonometry
Also ein Stück aus dem Album „Song X“, das manche als Free-Jazz bezeichnen würden. Die Post geht ab und der Schlagzeuger hämmert alle möglichen Rhythmen in einer Leichtigkeit und weckt auch noch jene auf, die noch in den Träumen vom letzten Stück liegen. Das Orchestrion, die kleine Version davon jedenfalls, wird ausgepackt und dient als 4. Musiker. Eine interessante Mischung entsteht, ich muss noch erkunden wie das angesteuert wird...
Dann wieder ein Wechsel, es wird das bekannte „Phase Dance“, eine Hommage an Lyle, gespielt. Herausragend ist die Interaktion mit Chris Fishman, der bis hier her sein ganzes Instrumentarium würdigen darf. Wer so ein Arsenal von Wakeman kennt, wird auch hier seine Freude haben. Natürlich alles in Jazz, auch Fender-Piano Klänge im guten Fusion-Stil von Return to Forever.
Auf Pats Solo folgt… dann
„Are you Going with Me“ mit dem eingängigen Rhythmus und der wundervollen Melodie. Hier darf sich wieder der Tastenmann austoben, einfach nur herrlich. Den Abschluss bildet „Song for Bilbao“ und die Musiker treten ab. Das Publikum ist begeistert und klatscht die Zugabe herbei.
Pat spielt ein Medley seiner ganz großen und bekannten Songs. Von „Minuano“ (mein Lieblingsstück von ihm) bis zum Hit „This is not America“ wird alles „methenysiert“. Dann geht der Künstler von der Bühne und fast niemand hat es geschafft noch ein Abschlussfoto zu machen. An der Bühne kann man noch ein paar Pleks von den Roadys erhaschen, ich bin leider nicht dabei. Aber mir gelingen noch ein paar Fotos und ein Blick auf die Setlist.
Ein schöner Konzert-Abend geht zu Ende und wir sind froh da gewesen zu sein. Meine Erwartungen wurden erfüllt und ich freue mich schon auf die nächten Konzerte.
Empfehlung für alle die bisher noch gezweifelt haben!
In Erfurt kann man Anfang Juni noch John McLaughlin 4th Dimension erwarten, dann noch Youn Sun Nah, mit der ich mich bald beschäftigen will und später im Jahr kann man noch Michael Wolly Trio und Nils Landgren erwarten. Huch endlich wieder Livemusik. Am Freitag geht es voraussichtlich zu Árstíðir.