Es ist schwierig, die “The Wall”-Konzerte in Worte zu fassen. Ich kannte vorher schon Bilder und auch die sehr gute Bootleg-DVD der Auftritte aus Chicago und New York 2010. Und ich kenne die Musik seit Jahrzehnten sozusagen Note für Note (falls man das sagen darf als jemand, der gar keine Noten lesen kann ).
Aber die Show live zu erleben, ist ein wirklich berauschendes Erlebnis, eine alle Sinne überwältigende Mischung aus Bildern und Sound. „The Wall 2011" ist keine Kopie der Konzerte von 1980 und 1981, sondern eine neue Interpretation. Musikalisch hat sich nur wenig geändert im Vergleich zu dem Livealbum „Is There Anybody Out There?“. Aber Roger Waters hat den enormen technischen Fortschritt genutzt und die visuellen Effekte völlig überarbeitet.
Optische Tricks, die Anfang der 80er undenkbar waren, werden eingesetzt und auch die Schwierigkeiten mit der Lichtstärke der damaligen Projektoren sind heute kein Problem mehr. Dazu kommt ein Sound, wie ich ihn in einer großen Halle (der Gelredome ist eigentlich ein überdachtes Fußballstadion, das für die EM 2000 errichtet wurde) noch nie so perfekt erlebt habe. Ich war an gleicher Stelle schon einmal 2007 bei Springsteen und auch wenn ich den Boss als Livekünstler sehr schätze, war der Stadionsound damals dumpf und breiig. Auch Genesis haben in dieser Hinsicht ja 2007 oft grosse Probleme gehabt. Bei Waters gab es, wie gewohnt, Quadrophonie – allein der Hubschrauber bei „Happiest Days“, der wirklich quer durch die Halle zu fliegen schien, war schon fast den Eintrittspreis wert.
Neu interpretiert wird aber auch die Aussage von „The Wall“ – im Mittelpunkt der visuellen Umsetzung steht jetzt weniger der jämmerliche, kaputte Rockstar Pink und mehr der Protest gegen Gewalt und Krieg. Das scheint durchaus logisch – zur Vorgeschichte habe ich ja in meinem Wall-Blog einiges geschrieben. Seit der Entstehung des Albums 1979 ist viel passiert – England und die Wahlheimat von Roger Waters, die USA, waren an mehreren Kriegen beteiligt, insbesondere natürlich in den letzten Jahren in Afghanistan und Irak. Und auch die Isolierung des Einzelnen, der vor seinem Computer sitzt und nur noch im Internet kommuniziert und sich mit dem Kopfhörer zunehmend von der Umgebung abschottet, hat zugenommen – auf diese Dinge spielt die Show an.
Meine Fotos sind an beiden Tagen entstanden, daher die unterschiedliche Perspektive. Am ersten Abend hatte ich einen Stehplatz, fast zentral ca. 15 Meter vor der Bühne, am zweiten Abend habe ich seitlich auf der Tribüne gesessen, aber auch da war die Sicht gut und die Raumeffekte des Klangs kamen eher noch besser zur Geltung. Die Setliste ergibt sich aus dem (Live-)Album. Ich glaube, es wird zu umfangreich, wenn ich zu jedem einzelnen Song etwas schreibe. Bei manchen Songs war es auch sinnlos zu fotografieren, weil die bewegten Bilder die Kamera einfach überfordern.
Teil 1
In The Flesh?
The Thin Ice: Auf dem runden Screen in der Mitte erscheinen Fotos von Verstorbenen der Kriege des 20. und 21. Jahrhunderts, die via Internet an Roger Waters geschickt werden konnten (und immer noch geschickt werden). Jedes Portrait wird dann zu einem Stein in der Mauer.
Another Brick Part I
The Happiest Days / Another Brick Part II: Die Mauer wird errichtet.
Mother
Goodbye Blue Sky
Empty Spaces / What Shall We Do Now?
Don’t Leave Me Now
Another Brick Part III
The Last Few Bricks: Durch Videotechnik “verschwinden“ die Steine wieder aus der Mauer – natürlich nur ein optischer Trick, aber einfach beeindruckend.
Goodbye Cruel World: nur noch ein einziger Stein in der Mauer bleibt frei.