Diese Rezension ist eine Zusammenarbeit von Aprilfrost, der den Löwenanteil geleistet hat, und mir, der an der einen oder anderen Stelle auch was beigetragen hat.
Es hat uns Spaß gemacht (oder, Aprilfrost? ) und es sind in Zukunft noch weitere Kollaborationen zu befürchten
Aber nun wünschen wir erstmal viel Spaß!
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The Royale April Frost proudly presents:
A review of Steve Hackett's Out of the Tunnel's Mouth
Das Jahr 2009 neigt sich dem Ende zu. Steve Hackett und eine Handvoll hervorragender Musiker begeben sich auf eine Tournee, um ihr neues Album der Öffentlichkeit vorzustellen: Aus dem Schlund des Tunnels, was immer damit auch gemeint sein mag.
Aufschluss gibt vielleicht der Text im Booklet:
„Vor einigen Jahren hatte ich einen Traum: eine lebensgroße Dampflokomotive durchschlug die Tür meines Wohnzimmers. Mein erster Gedanke war: Werden die Dielenbretter das aushalten.
Vor kurzem mussten die Dielenbretter die volle Gewalt eines ganzen Albums voll kreischendem heißen Metalls aushalten, ebenso wie eine virtuelle Andalusische Tanzformation, herumwirbelnden Derwischen und einem kompletten Regiment zuckersüßer Feen.
Natürlich, auf diesem neuesten Angebot (obwohl die Texte sehr persönlich sind) renne ich mit einer Axt – oder auch zwei - herum, schärfer als bisher, fürchte ich … bringt mir meine Fernandez … meine Black Beauty … lasst uns 500000 Volt in sie hinein schieben und sehen wie sie singt, während sie dampfend ans Licht kommt.“
Soweit Steve Hackett am 25 Juni dieses Jahres.
Roger King merkt an, dass dieses Album im Wesentlichen am Computer entstand. Doch nicht die Technologie ist entscheidend, sagt er, sondern „Die Technologie stellt die Bühne bereit, aber es sind die Musiker, die auf ihr spielen.“
Welche Musiker meint Roger? Das Line-up in alphabetischer Folge:
Nick Beggs (Pipi-Heavy-Longstocking) – bass, chapman sticks
Dick Driver - Double Bass
John Hackett – Flute (er kann es immer noch)
Steve Hackett – Guitars, Vocals (ach was…?)
Roger King – Keyboards, Programming
Lauren King – Backing Vocals
Ferenc Kovaks – Violin
Amanda Lehmann – Vocals
Jo Lehmann – Backing Vocals
Anthony Phillips - Twelve String Guitar
Chris Squire – bass
Christine Townsend – Viola, Violin
Rob Townsend – Soprano Sax
Soweit zu den Musikern – und nun zur Musik:
Im ersten Track Fire on the Moon scheint Steve Hackett seine Trennungsproblematik zu bearbeiten. Beginnend mit einem musikalischen Thema, das an das Aufziehen einer Spieluhr, einer „Musical Box“, erinnern muss, wächst dieses Stück. Es kommt auf den Hörer zu wie eine Dampflok, eigentlich nicht unerwartet, aber dann so kraftvoll, dass es den Hörer beinahe umbläst. Ein Opener, der mitreißt. Um die ganze Kraft dieses Tracks zu erleben, sollte man keine Rücksicht auf die Nachbarn nehmen. Regler hoch!!! Am Ende möchte man die Spieluhr sofort nochmal aufdrehen.
Nomads, das zweite Stück, erinnert uns zuerst an „The Hermit“ vom „Voyage of the Acolyte“-Album, schneller gespielt zwar, aber ähnlich mysteriös. Dann aber nimmt uns Steve mit zu einem Ort „where gypsies go – they’re dancing through the firelight whirling fast and slow”. Hier sind sie, die Andalusischen Tänzer. Furiose Rhythmen, die dich mitreißen, du weißt nicht, wie dir geschieht, aber das Lied hat dich gefangen genommen. Du kannst nicht anders. Du möchtest aus der Ekstase heraus schreien: „It’s a cry from the heart.“
In Emerald and Ash hat Anthony Phillips seinen großen Auftritt. Wer, außer ihm, beherrscht die Zwölfseitige noch so souverän und bildschön? Steve Hackett hat sich hier verzaubern lassen von seiner eigenen Inspiration. Zu diesem Track kann man nichts schreiben. Es ist wie ein Traum: Man kann sich nicht mehr genau dran erinnern, außer, dass es wunderschön war.. Wir kennen nichts Vergleichbares. Fürwahr ein Smaragd!
Tubehead ist ein Instrumentalstück, welches in starkem Kontrast mit dem träumerischen Emerald and Ash steht. Es zeigt die härtere Seite von Steve Hackett und erinnert an Tony Levins Stick Men. S. H. himself schreibt: „Death by Marshall Cabinet – A suitable end for errant dilettants and all ye who resist conversion to the true faith…” Das Stück ist nicht sooo stark und wohl eher Geschmackssache...
Es beginnt wie „White Mountain“, mit dem selben Geschrummel auf der akustischen 6-Saitigen. Sleepers, unser Lieblingstrack des Albums. Es war Liebe auf den ersten Klang. Ein Epos in nur knapp 9 Minuten. Hackett hat hier etwas wirklich Eigenes geschaffen. Diese Verbindung von Vielschichtigkeit und gleichzeitig Kompaktheit ist noch nie dagewesen. Steve bekam einst eine SMS von einem Freund: „All the Sleepers send you their Dreams“. Eine wunderschöne Textphrase, die S. H. ebenso schön musikalisch umgesetzt hat. Er beschreibt in seiner Musik die bizarre Welt der Traumlandschaften in ihrer Vielfalt.
Ein weiteres Instrumental ist Ghost in the Glass. Mein erster Eindruck war nicht der allerbeste. Abgesehen davon, dass das Vogelzwitschern an ein großes Stück der Band Yes erinnert, ist der Geist eher nichtssagend. Klingt ein bisschen wie ein Pausenfüller. Hätte man mir gesagt, dass der Bass das eigentliche Instrument dieses Tracks ist, hätte ich vielleicht von Anfang an besser hin gehört.
Still Waters? Echt? Was da angegroovt kommt klingt eher bedrohlich als still. Hatte Steve Hackett den Wirbelsturm Katrina im Sinn, als er dieses Stück schrieb – oder einfach nur die Abgründe der menschlichen Seele. Auf jeden Fall ein Titel, der bluesig ist und den man nicht vergisst. Dieser Bass wird noch in hundert Jahren hämmern.
Soll es das gewesen sein? Nein! Dort fährt er: The Last Train to Istanbul mit seinen orientalischen Klängen. Steve war auf der Rückfahrt von Sarajewo und hatte türkisch anmutende Klänge im Ohr. Was er daraus gemacht hat? Holt Euch die CD. Das ist mehr als Cross-over – das ist Steve Hackett at his best.
Die Kürze der CD (knapp 46 Minuten) ist auch ihre Stärke. Bei den letzten beiden Alben, vor allem bei To Watch the Storms störten die Ambitionen des Meisters, möglichst viel unterschiedliche Musik unterzubringen. Das aktuelle Album ist mehr aus einem Guss, wie etwa „Voyage“ oder „Please don’t touch“. Fazit: Lange hat uns ein Album nicht so eingenommen wie dieses. Auch in der Endlos-Schleife wird es nicht langweilig – im Gegenteil: die Musik entwickelt sich, will erarbeitet, erobert werden. Das Album ist es wert.
Steve Hackett - Out of the Tunnel's Mouth
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Re: Steve Hackett - Out of the Tunnel's Mouth
feine Rezi Jungs.
Die Scheibe finde ich auch Super, genauso wie das Konzert in Stuttgart.
Meine liebsten Stücke sind Fire on the moon, Emerald and Ash und Sleepers.
Still Waters finde ich etwas schächer allerdings gibts wieder klasse Gitarrenparts.
Die Scheibe finde ich auch Super, genauso wie das Konzert in Stuttgart.
Meine liebsten Stücke sind Fire on the moon, Emerald and Ash und Sleepers.
Still Waters finde ich etwas schächer allerdings gibts wieder klasse Gitarrenparts.
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Re: Steve Hackett - Out of the Tunnel's Mouth
Meine Rede, guter Mann!SOON hat geschrieben:Meine liebsten Stücke sind Fire on the moon, Emerald and Ash und Sleepers.
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Re: Steve Hackett - Out of the Tunnel's Mouth
Vielen Dank für die erste Conspiracy von Aprilfrost und Royale aus dem Norden.
Ich hab das Album noch nicht, bin aber schon gespannt. mal schauen ob es in meine Top-Ten 2009 kommt.
Ich hab das Album noch nicht, bin aber schon gespannt. mal schauen ob es in meine Top-Ten 2009 kommt.
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Re: Steve Hackett - Out of the Tunnel's Mouth
Wenn nicht, darfst du mich eine Woche wie ein Yes-Mitglied deiner Wahl nennenJJG hat geschrieben: Ich hab das Album noch nicht, bin aber schon gespannt. mal schauen ob es in meine Top-Ten 2009 kommt.
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