The Band - Music from Big Pink

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SOON
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The Band - Music from Big Pink

Beitrag von SOON »

The Band - Music From Big Pink

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Rick Danko — bass guitar, fiddle, vocals
Levon Helm — drums, tambourine, vocals
Garth Hudson — electronic organ, piano, clavinet, soprano and tenor saxophone
Richard Manuel — piano, organ, drums, vocals
Robbie Robertson — electric and acoustic guitars, vocals

John Simon — producer, baritone horn, tenor saxophone, piano
Don Hahn — engineer
Tony May — engineer
Shelly Yakus — engineer
Bob Dylan — cover painting
Elliott Landy — photography

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The Band machten sich längst einen Namen als Begleitband von Bob Dylan, bei dem sie eine wichtige Rolle bei einigen entscheidenden Momente der Rockmusik spielten.
Darüber hinaus waren sie impulsgebend für das was man später Americana oder Roots-Rock nennen sollte.
Als 1968 Music From Big Pink erschien, dominierte noch die Psychedelia-Welle.
Es war Zeit wieder auf den Boden zurückzukommen, Zeit wieder Geschichten zu erzählen, Zeit sich auf alte Werte zu besinnen und zu einem erdigen musikalischen Konzept zurückzukehren.
5 hochbegabte Multi-Instrumentalisten und äußerst kooperative Musiker, die sich aufs trefflichste ergänzten.
Eric Clapton wollte unbedingt bei The Band einsteigen aber die hatten ja schon einen Gitarristen: Robbie Robertson.
Robertson war der Hauptsongschreiber und für einige absoluten Klassiker verantwortlich.
Hört man die Musik dieser Band, stellt man jedoch schnell fest, dass es nicht um solistische Leistungen, sondern um einen unverkennbaren Rock-Sound geht, der von Rockabilly, Ragtime, R & B, Blues, Country und Folk inspiriert wurde.
Für das Frontcover wurde ein naives Gemälde von Bob Dylan ausgewählt, der auch als Co-Autor beteiligt war.
Auf der Rückseite, des Foc-Covers, ist das pinke Haus zu sehen, in dessen Keller, ein Großteil der Songs entstand.
Das innere des Klappcovers zeigt eine Menge Leute, die sich in ihrem damaligen Domizil, in Woodstock, um sie versammelt hatte.

Tears of Rage > beginnt mit schleppendem Tempo, weichen Vocals und massiven Zwischenspielen von Bläsern.
Tears of Rage brach alleine schon deshalb die Rock-Tradition, da es ein langsames Lied am Albumanfang war.
Das Timing von Bass und Drums prägt das Stück, wobei der soulige Gesang alle Aufmerksamkeit auf sich zieht.
Text und Gesang ist sehr melancholisch -einfach wunderschön, ja: herzzerreißend!
To Kingdom Come > was kann nach diesem famosen Auftakt noch folgen?
Dieses Lied wirkt wie ein Kontrapunkt nach Tears...
Ein Song, mit einer Mischung aus Beatles-Melodien und filigranen Gitarrenakkorden.
Das rhythmusbetonte, verspielte Keyboardspiel spendiert dem Stück sehr viel Schwung.
Der Lead-Gesang stammt hier von Robbie Robertson, der insgesamt nur 3 Songs im Band-Oeuvre sang.
In a Station > Heitere Töne, von vielschichtigen Instrumentalarrangements getragen, ist In a Station einer von Richard Manuel wunderbar wehmütig vorgetragenen Songs.
Die Slide-Gitarre unterstreicht die zarte Sehnsucht, des Songs -awesome!
Caledonia Mission>ist ein Klassiker, mit starkem Country und Gospel Einfluss.
Danko’s Stimme klingt fantastisch, und ist besonders gut während des Refrains.
Der Chor wechselt von Country zu Gospel begleitet von stampfenden Piano-Akkorden.
The Weight> Das legendärsten und wohl beste Stück des Albums.
The Weight war der frühe Höhepunkt von The Band.
Eine perfekte Vermählung von Text und Musik.
Der Song beginnt catchy und rhytmisch präzise.
Das Instrumentalspiel ist aufs nötigste reduziert.
Obwohl ich nicht verstehe, was der Text aussagt, höre ich ihn unheimlich gerne.
Der Refrain ist ziemlich ungewöhnlich, wie ein Kanon mit beruhigend wirkenden Harmonien.
Es gibt keinen Begriff dafür, vielleicht: White Soul.
We Can Talk> Seite 2 beginnt mit einem schwungvollen, eingängigen Stück.
Die instrumentale Arbeit ist intelligent und perfekt getimt.
Die Backing Vocals sind manchmal sehr dominant und voller Vielfalt.
Long Black Veil > war ein altes Volkslied und ist ein weiteres Highlight des Albums!
Die Instrumente sind hier sehr sauber organisiert, im Gegensatz zu den letzten Titeln.
Das Lead-Instrument ist die Orgel.
Obwohl in einer einfachen Art und Weise gespielt, bietet es einen perfekten Rhythmus, zusammen mit dem Bass, für den Gesang.
Chest Fever > Dieser Song öffnet mit schweren Orgelklängen, hat irgendwas von J.S. Bach.
Die Vocals sind unisono gesungen, ziemlich rotzig.
Der Song geht auch durch zahlreiche Tempo-und Tonartwechsel und aufwühlenden Instrumentalparts. Virtuos!
Lonesome Suzie > Eine Manuel-Sehnsuchts-Ballade im Bluesstil.
Unnachahmlich dieser Fistelgesang und wieder eine tieftraurige Stimmung.
Wheels on Fire > Für viele ist dies das absolutes Highlight der Gemeinschaftsarbeiten mit Bob Dylan.
Temporeich, rockig und inbrünstig gesungen.
Wurde von Bob Dylan und Rick Danko geschrieben und tauchte auch auf Dylans, The Basement Tapes auf.
I Shall Be Released > Schlusspunkt und Ausrufezeichen eines überragenden Albums.
Geschmackvoll das Klavier und Robbies Gitarre, die sich an den Rhythmus hält und einfache Akkordfolgen spielt.
Viele Band-Songs haben so eine gewisse religiöse Sensibilität, auf I Shall Be Released trifft dies besonders zu.
Ein Klagelied, wie ein schwerer Abschied, episch, träge, und deprimierend mit rustikaler Inbrunst vorgetragen.

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Zusammenfassend lässt sich sagen, dass diese Musik von der stilistischen Wechselspannung und dem Schwerpunkt auf verschiedenen Instrumentierungen lebt.
Auf außerordentlich hohem Niveau sind auch die Lyrics.
Ich liebe es immer wieder diese gesungenen Zeilen zu hören:
Crazy Chester followed me and he caught me in the fog
He said, I will fix your rags, if you'll take Jack, my dog
I said, Wait a minute, Chester, you know I'm a peaceful man
He said, That's okay, boy, won't you feed him when you can?
Take a load off Anny
Take a load for free


Es hat nichts mit dem Inhalt zu tun, es erzeugt einfach so eine spezielle Atmosphäre.

Music From Big Pink trat Türen auf, blieb dabei jedoch trotzig unkommerziell.

Side One
Tears of Rage (Bob Dylan, Richard Manuel) 5:23
To Kingdom Come (Robbie Robertson) 3:22
In a Station (Manuel)3:34
Caledonia Mission (Robertson) 2:59
The Weight (Robertson) 4:34

Side Two
We Can Talk (Manuel) 3:06
Long Black Veil (Marijohn Wilkin, Danny Dill) 3:06
Chest Fever (Robertson) 5:18
Lonesome Suzie (Manuel) 4:04
This Wheel’s on Fire (Dylan, Rick Danko) 3:14
I Shall Be Released (Dylan) 3:19

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Caravan
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Re: The Band - Music from Big Pink

Beitrag von Caravan »

Ein wirklich schönes Album!
Es gibt übrigens ein tolles Buch von John Niven: Music from Big Pink, eine fiktive Geschichte um das Entstehen des Albums.
Lesenswert!!!
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JJG
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Re: The Band - Music from Big Pink

Beitrag von JJG »

Wie immer sehr schöne Vorstellung von Dr. Soon. :)
"We are truth made in heaven, we are glorious" (Anderson/Stolt 2016)

Saaldorf

Der Teemeister
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Re: The Band - Music from Big Pink

Beitrag von Der Teemeister »

Wie immer sehr schöne Vorstellung von Dr. Soon. :)
Ja, Klasse, und gründlich. Um nicht wieder mißverstanden zu werden: Ich liebe The Band,
und diese Scheibe hier ist wohl die beste. Mit einer Einschränkung: Extrahiere ich die
Titel der Band auf den "Basement Tapes" und stelle mir so meine private "First" von The Band
zusammen, komme ich nicht umhin, zu bemerken, dass die dort herrschende, wohltuende
Simplizität auf "Big Pink" dem Bestreben, die Arrangements zeitgemäß halten zu wollen,
verschwunden ist - zum absoluten Nachteil. Bestes Beispiel: "Tears Of Rage". Was bei Dylan's
Basement-Version herrlich fliesst, wird hier überflüssig gestaut und gehemmt. Nicht ein Titel,
der mich, soo, wie er hier arrangiert und instrumentiert ist, nicht zur Verzweiflung treibt.
Was immer man falsch machen kann - hier wird es in Reinkultur getan. Schläfrig noch
dazu. Abgesehen also von der Großartigkeit der Platte, wird die Musik auf ihr (für mich)
vollkommen falsch arrangiert, gebrochen, gehemmt. Ich kann diese meine Kritik, die sich beliebig
weiterführen ließe (außer vielleicht bei "The Weight" - aber da fehlt mir irgend etwas Schweres,
der Klang kommt, gemessen an dem, was der Text ausdrücken will, zu leichtfüßig daher), Herrn
Robertson leider nicht ersparen; da er in der Ausgabe vom Herbst oder Winter 69 des Rolling Stone
es wagte, "Abbey Road" als Bullshit zu bezeichnen. Der hat's nötig - dachte ich, als ich nach der
Maueröffnung "Big Pink" erstmals komplett hörte. Dafür sah ich den "Last Waltz"-Film, der zum Glück
auch in den Kinos der DDR lief, damals schon etwa 20 mal. Bezeichnenderweise schaffte es kein
Titel der eigentlichen Biasement-Sessions mit Dylan (das wunderbare Kathie's Been Gone" zum
Beispiel) auf das Album, da diese Titel Robertson wohl zu direkt waren.
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SOON
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Re: The Band - Music from Big Pink

Beitrag von SOON »

@ Teemi, hast du die 5-CD Box von den Basement Tapes?
Ich habe die offizielle Version von Columbia die 2009 rauskam.
Bisher bin ich nicht auf die Idee gekommen da vergleiche anzustellen.
Das kommt wahrscheinlich daher, dass ich die Musik von "Big Pink" lange, lange verinnerlicht habe, bevor ich die Basement Tapes überhaupt entdeckt hatte.
Die meisten, denen "Big Pink" nicht gefällt kritisieren auch das entschleunigte Tempo und das melancholische, depri-mässige.
Für mich macht es gerade den Reiz, dieser Musik, aus wobei This Wheel's on Fire ordentlich abgeht.
Aber ich verstehe auch den Einwand.
Hier ein Outake, der dir vielleicht besser gefällt aber so nicht auf's Album gepasst hätte.

[youtube]vsy_P1I5wYo[/youtube]

@ Caravan, welche Ausgabe favorisierst du?
Beim Original wurden bei ca. 80 Hz die Tiefen abgeschnitten, das heißt nur gut gemasterte Vö's klingen wirklich gut.
Früher galt "Big Pink" HiFi-mässig als Problemfall.
Seit der 2009er Hybrid-CD ist das nicht mehr so, klingt famos!
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Der Teemeister
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Re: The Band - Music from Big Pink

Beitrag von Der Teemeister »

Ich habe die Bootlegs "The Genuine Basement Tapes" (4 CD's) und "A Tree With Roots"
(5 CD's) - jede der Boxen teils aus unterschiedlichen Tape-Quellen. Unter uns gesagt,
allzuviel Perlen gibt es da gar nicht mehr zu entdecken. Zu den Perlen gehören natürlich
"Santa Fé", "Quinn The Eskimo", "Four Strong Winds", "Royal Canal", "The French Girl",
"Spanish Is The Lovin' Tongue", "One Single River" und "I Shall Be Released", was 1975
auch nicht auf der offiziellen Doppel-Lp war (warum nur nicht?). Vieles davon ist in
schlechter Qualität, es wird sich verspielt, Titel brechen plötzlich ab ("Joshua Gone
Barbados" zum Beispiel), vieles ist nicht wirklich ernst gemeint ("I'm your teenage prayer"
und "See you later, Alan Ginsberg" - natürlich köstlich!). Sicher ist es auch nicht unerheblich,
welche Versionen man zuerst hörte (ein Freund von mir hatte die BASEMENT TAPES um 1980,
ich überspielte sie auf Tonband und hörte sie tagein, tagaus. Die BASEMENT TAPES gefallen
mir in der 2 CD-Version + "Released", "Quinn" und "Santa Fe" besser als so manche große
offizielle Dylan-Scheibe. "You Ain't Going Nowhere" ist absolute Spitze (auch in der
unveröffentlichten Version mit dem improvisierten Text. Auf einer der bootleg-Boxen ist auch
noch ein Snippet eines Titels der Band ohne Dylan, der es nicht zu den BIG PINK Boni schaffte,
habe aber vergessen, wie er heißt.

Wenn es mir bei der BIG Pink-Scheibe gelingt, einmal zu vergessen, wie sehr ich die
Demos mit Dylan liebe; mag ich die Scheibe auch. Wahrscheinlich schwebte Robbie
eine Synthese aus Country/Folk/Soul/Gospel/Funk vor - was mir ja auch gar nicht
gefallen kann :lol: Alles depri-mäßige gefällt mir - naturgemäß. Ich werde BIG PINK
heute abend nochmal hören, notieren, und dann präzisieren. "Yazoo Straßenskandal"
hat es ja 1975 auf das Columbia-Basement-Doppelabum geschafft, ich kenne es daher
schon ewig ...


Das gesamte BIG PINK-Remaster klingt überragend. Es heißt, auf dem 2009-Remaster
der BASEMENT TAPES soll ja einiges in Stereo sein, und überhaupt alles besser klingen,
als vorher. Kannst Du dazu etwas sagen, Soon? Ich habe nur das alte Master. Auf den
Bootleg-Boxen ist vieles im Zweikanal-Sound (Eine Spur Instrumente, andere Spur Gesang).

Die Stimme von Robbie bei "To Kingdom Come" klingt scheußlich. :mrgreen: Er wußte schon, warum er
nicht singen wollte.
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SOON
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Re: The Band - Music from Big Pink

Beitrag von SOON »

Der Teemeister hat geschrieben:
Das gesamte BIG PINK-Remaster klingt überragend. Es heißt, auf dem 2009-Remaster
der BASE;ENT TAPES soll ja einiges in Stereo sein, und überhaupt alles besser klingen,
als vorher. Kannst Du dazu etwas sagen, Soon? Ich habe nur das alte Master. Auf den
Bootleg-Boxen ist vieles im Zweikanal-Sound (Eine Spur Instrumente, andere Spur Gesang).
Nun kenne ich den Klang des Boots nicht, würde aber sagen die 2009er klingt bestimmt besser.
Stereo wie Stereo eben von 67er Aufnahmen eben klingt.
Allerdings ohne Ping-Pong, rechts/links-lastigen Kanälen oder sonstigen 60er-Jahre Sünden.
Klar, direkt, authentisch -klasse würde ich sagen!
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