[REVIEW] Conspiracy - The Unknown (2003)

feat. Squire & Sherwood
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Royale
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[REVIEW] Conspiracy - The Unknown (2003)

Beitrag von Royale »

aus dem Carookee-Forum:

Zur Band

Bei Conspiracy ("Verschwörung") handelt es sich um ein Band-Projekt von Billy Sherwood und Chris Squire, dessen erstes Album 2000 veröffentlicht wurde. Die Zusammenarbeit von Squire und Sherwood und vor allen Dingen deren Zusammenarbeit mit Yes begann aber schon früher.
Als sich Yes 1989 nach Veröffentlichung des Big-Generator-Albums wieder zusammenfanden, musste Jon Anderson ersetzt werden, da dieser die Band (wegen Trevor Rabin) verlassen hatte. Squire schlug Billy Sherwood für diesen Posten vor. Die beiden schrieben erste Songs für das Album, u.a. "The more we live- let go", was auf Union veröffentlicht wurde. Da sich Yes aber zur großen Wiedervereinigung zusammen schlossen, wurde ein Ersatzsänger überflüssig.
Ungeachtet dessen gaben Squire, Sherwood und White(!) nach der Union-Tour Konzerte. Die Setlist bestand aus Songs des Union-Albums und neuen Songs von Squire und Sherwood. Interessanterweise wurde auch vereinzelt "Open Your Eyes" gespielt, was Jahre später auf dem gleichnamigen Album erscheinen sollte. Dies verdeutlicht auch die Bedeutung der Zusammenarbeit von Squire und Sherwood für Yes. So verwundert es auch nicht, dass "Open Your Eyes" (Das Album) stark an Conspiracy erinnert. Bei "Open Your Eyes" handelt es sich nämlich eigentlich gar nicht um ein Yes-Album, sondern um ein umfunktioniertes Conspiracy-Album, dass unter dem Arbeitstitel Chemistry nie erschienen ist. So kam es, dass Sherwood in der Zeit von 1997 bis 2000 festes Yes-Bandmitglied wurde, nachdem er schon die "Keys to Ascension"-Serie produziert hatte.
Die Diskographie von Conspiracy ist sehr übersichtlich. Es gibt das eingangs erwähnte gleichnamige Debut-Album, welches 2000 erschien. Dann wurde 2003 "The Unknown" veröffentlicht und 2006 eine Live-DVD nachgeschoben. Von dem "The Unknown"-Album handelt diese Rezension.

Bild

The Unknown- Albumrezension

a) Conspiracy
Hier merkt man sofort, dass es sich bei Conspiracy um ein Band-Projekt eines Bassisten handelt. Squire blubbernde Basslinien sind prägend für diesen Song. Des Weiteren sind hier die nahezu gerappten Strophen von Sherwood bemerkenswert, die sich dann in dem von Squire und Sherwood "schön" gesungenen Refrain auflösen. Nach dem zweiten Refrain kommt im Hintergrund ein Violinenklang hinzu, der dem Song ein wenig Kontrast gibt. Abgesehen von musikalischen Spielereien hier und da, handelt es sich bei dem Lied zu großen Teilen um einen einfachen Popsong, der seinem Takt trau bleibt. Jedoch beginnt ab circa der Hälfte eine instrumental improvisiertere Passage an, die ohne die käsigen Keyboards wirklich richtig gut sein können. Schon bei diesem Lied fällt auf, dass sich Conspiracy zwischen Yes, ein bisschen Bruce Springsteen und King Crimson bewegen. Aber von jedem nur ein bisschen und es kommen noch mehr Einflüsse hinzu.

b) Confess
Der zweite Song beginnt nämlich im Jethro-Tull-Stil. Mit akustischer Gitarre und verzerrtem Gesang eingeleitet entwickelt sich ein netter Pop-Song, der im Refrain aber strukturell zu sehr an den Opener erinnert, leider. Von dem leicht kitschigen Text (I confess... I don't want to live... without you), wissen Conspiracy auch hier wieder, instrumental zu überraschen. Auch hier hört man im Hintergrund Orchesterklänge, die den Refrain untermalen. Nach gut zwei Minuten entwickelt der Song eine instrumental gehaltene Passage, in der auch Sherwood sich verstärkt bemerkbar macht. Danach passt auch der verzerrte Gesang gut ins Bild. Der Refrain wird hiernach auch nicht mehr ganz so kitschig präsentiert und mit musikalischen Finessen verfeinert.

c) New World
Dieses Lied erinnert mich anfangs an "A place to hide" von Keith Emerson. Dieser Eindruck verschwindet aber spätestens, wenn Squire mit einer komplexeren Basslinie loslegt. Überhaupt scheint Squire dieser Song Spaß zu machen, denn er und sein Bass übernehmen hier fast die Führungsrolle. Ab 3:20 fängt eine richtig gute Instrumental-Passage an, die von bassbetonten Passage, gesäumt von Hackett'schem Gitarrenspiel großen Gefallen findet. Leider ist dieser Teil viel zu kurz und die Protagonisten kehren schnell zum Refrain zurück, der aber hier nicht ganz so langweilig gestaltet ist wie bei den Vorgängersongs. Schade, dass die Instrumentalpassagen nicht konsequenter umgesetzt sind, denn hier brillieren Conspiracy! Und was diese orientalischen Klänge, die an "One night in Bangkok" erinnern hier sollen, weiß ich nicht.

d) 1/2 World Away
Squire am Lead-Gesang und er macht seine Sache erwartungsgemäß gut. Eigentlich gefällt mir dieser eher ruhige balladeske Song ganz gut, aber was soll denn dieses Glockengeläute von Zeit zu Zeit? Vielleicht sollte ich mal auf den Text achten und es handelt sich um ein Weihnachtslied? Dieses Lied ist übrigens meiner Meinung nach in mehrere Teile zu unterteilen. Nicht nur, weil es (aus Sicht des Proggers) endlich mal Tempowechsel aufweist, sondern weil hier verschiedene Stilrichtungen und musikalische Ideen verfolgt werden. Ich finde dieses Lied sehr interessant, aber richtig ausgearbeitet und stimmig wirkt das alles nicht.

e) There is no end
Das ist das Lied, was meiner Meinung nach bisher am ehesten nach Yes klingt, was wohl größtenteils daran liegt, dass Sherwood Howe's Gitarrenspiel imitiert. Das war aber auch schon das Highlight dieses eher tranigen Liedes, dessen musikalischer Witz mir bisher verborgen blieb. Es passiert hier wirklich so gut wie gar nichts, außer, dass Sherwood am Ende im Hintergrund ein wenig soliert, was aber leider im engen Songkorsett unterzugehen droht. Das abrupte Ende gefällt mir persönlich auch nicht.

f) The Wheel
Nun wird es aber schlagartig wieder besser. The Wheel wird mit Keyboard-Klangteppichen eingeleitet und geht dann in eine verfremdete Gitarrenmelodie über, die von schweren Riffs und brachialem Bassspiel getragen wird. Aber leider ist dieses musikalische Schauspiel nach einer knappen Minute wieder vorbei. Nun geht es in den typischen Conspiracy-Gesang über, der aber weiterhin von dem anfangs geschilderten Motiv getragen wird. Den Mittelteil des Liedes lasse ich hier mal weg, der ist nicht mehr so besonders. Aber ab circa 3:30 geht eine längere von Sherwoods Gitarre geführte Passage los, die untermalt von Squire getragenen Bassspiel eine düstere Atmosphäre entstehen lässt und so Conspiracy ein bisschen Farbe verleiht. Wirklich sehr gelungen.

g) Premonitions
Premonitions fängt nahezu jazzig an und vermittelt somit eine neue Seite von Conspiracy. Der Song nimmt an Intensität zu und geht nach einem Taktwechsel in eine schnelle Passage über. Diese steht im Kontrast zu dem eher getragenen Anfang und gibt dem Song Struktur. Der Instrumentalteil, der sich gegen Ende immer mehr verdeutlich (was zu mindestens an diesem Album gemessen typisch Conspiracy ist), ist diesmal aber leider nicht sehr stringent ausgearbeitet und "verzettelt" sich. Überhaupt kommt dieses Lied nicht richtig zum Punkt.

h) The Unknown
Mit gut elf Minuten Spielzeit ja fast ein richtiger Longtrack. Groß besprechen möchte ich diesen Song nicht, da er viele unterschiedliche Motive aufweist, dessen genauere Beschreibung den Rahmen hier sprengen würde. Was aber sehr positiv auffällt ist, dass Conspiracy hier aus ihrem oft eher poppigen Rahmen herausfallen und verschiedenen Ideen Raum lassen. So gibt es stampfende Sektionen, die von eher improvisierten (leicht verzerrten) Sektionen abgelöst werden, in denen Squire an "sein" Lied auf Fragile erinnert. Plötzlich setzt dann wieder der (leicht seichte) Satzgesang von Sherwood und Squire ein, der aber hier instrumental sehr stark und komplex untermalt ist. Ob es sich bei "The Unknown" um einen guten Longtrack handelt, weiß ich nicht. Ich glaube, dafür fehlt die Einheit. Wohl aber ist dieser Song musikalisch sehr interessant, weil Conspiracy hier endlich mal ihre Ideen zuende führen. Dieser Longtrack ist also nicht für schwache Nerven



Fazit

Conspiracy überraschen oft mit teils sehr komplexen und kreativen Instrumentalpassagen, die aber leider sehr kurz sind und nur einen kleinen Anteil an der Gesamtkomposition haben. Deshalb für Progressive-Rock-Liebhaber nur bedingt zu empfehlen. Was dadurch aber klar wird, ist die musikalische Qualität Sherwoods und Squire, die ihre Fähigkeit an den Instrumenten von Zeit zu Zeit aufblitzen lassen. Leider ist dieser Aspekt bei Conspiracy nur sehr wenig präsent, was vielleicht auch so gewollt war. Abschließend lässt sich festhalten, dass das Album viele sehr gute Passagen aufweist, die man aber leider auch (nicht ganz) wie die Nadel im Heuhaufen suchen muss. Eine Kaufempfehlung kann ich daher nur bedingt aussprechen. Mir gefällt das Album gut und man macht sicher keinen Fehler damit, aber man muss es nicht haben.
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Re: Albumrezension - The Unknown

Beitrag von JJG »

Vielen Dank Royale, hätte nicht erwartet, dass Du das Album rezensierst.
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nixe
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Re: Albumrezension - The Unknown

Beitrag von nixe »

Hut ab! :hutheben: Royale!!!
Das ist der Nachteil, wenn man, wie ich, zuviel hört. In der Regel zweimal pro Scheibe! Das ist nicht intensiv genug, für eine Rezi!
Diese Scheibe besitze ich schon sehr lange, wenn auch nur als Promo. Nur vom Hocker hatte sie mich nicht gerissen! Aber das ist schon sehr lange her. Jetzt mit Deiner Rezi bekommt sie selbstverständlich eine ExtraRunde! Vieleicht hilft*s ja???
Tschüß
nixe

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Re: Albumrezension - The Unknown

Beitrag von SOON »

mir geht's hier ähnlich wie Nixe.
Irgendwie fehlt der Reiz es wiedermal hören zu wollen.
Handwerklich alles sehr gut aber es fehlen mir memorablen Melodien.

Thx, Royale!
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