[REVIEW] Drama

veröffentlicht: 18.08.1980

Chris Squire ; Steve Howe ; Alan White ; Trevor Horn ; Geoff Downes
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JJG
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[REVIEW] Drama

Beitrag von JJG »

Drama

Eines der umstrittensten Alben in der Geschichte von Yes kam im August 1980 auf dem Markt. Bis heute wird der Stellenwert dieses Albums unterschiedlich dargestellt ...

Nach vielen Konzerten die „Tourmato“ rund um die Welt führten ging die Band wieder ins Studio. Die musikalischen Vorstellungen der Bandmitglieder klafften immer weiter auseinander und Solo- und Sideprojekte wurden verwirklicht.

Nachdem man 1979 in Paris mit Studioaufnahmen nicht mehr weiter kam, verordnete Jon Anderson der Band eine sechsmonatige Pause in der man wieder Kraft für eine neue Platte schöpfen wollte. Indes kümmerten sich die Mitglieder um eigene Ideen oder halfen bei anderen Künstlern aus. Jon hatte seine musikalische Freundschaft mit Vangelis vertieft und brachte mit ihm die erfolgreiche Single „I Hear You Now“ heraus. Rick veröffentlichte sein erstes Doppelalbum mit dem Namen „Rhapsodies“ (auf dem er auch erstmals sang).
Das „The Steve Howe Album“ erschien und Steve trat mit einem Soloprogramm beim Montreux Jazz Festival auf. Hinzu kam, laut Jon Anderson, eine gewisse Müdigkeit miteinander spielen und komponieren zu wollen. So entstanden 2 musikalische Fraktionen (Anderson/Wakeman sowie Howe/Squire/White) die nicht viel mit den Kreationen der jeweilig anderen Mannschaft anfangen konnte.

Nach weiteren erfolglosen Proben in London trafen sich Jon und Rick und kamen zum Entschluss, dass eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr möglich erschien.

Yes war nunmehr auf ein Trio zusammengeschrumpft. Aber man empfand die eigenen neuen Kompositionen als äußerst erfrischend. Nachdem Jon und Rick zu den letzten Proben nicht mehr erschienen waren, begann man schon zu scherzen. „Die nächsten zwei Musiker, die den Proberaum betreten werden Mitglieder der Band“.

Da Manager Brian Lane mit Trevor Horn und Geoff Downes bekannt war, fügte sich nun zusammen, was scheinbar unvereinbar war ...
Selbst für viele Musikkritiker war das neue Lineup eine Sensation ! Wie konnte eine Band wie Yes solche Diskomusiker wie die Buggles rekrutieren ?

Die Wirklichkeit sah natürlich schon etwas anders aus. Zwar war das Duo wirklich eine Band, die eher der Tanzmusikszene zugeordnet wurde, dennoch war der musikalische Background der beider Musiker viel umfangreicher.

Downes war Mitglied der Band „She’s French“. Deren Musikausrichtung lag aus seiner Sicht irgendwo zwischen Weather Report, Chick Corea, ELP und Yes ! Nach Beendigung seines Studiums in Leeds ging er nach London wo er auf den Sänger und Produzenten Trevor Horn traf . Horn war in den 70zigern ein Fan von Yes und hatte auch eine Stimme, die Jon ähnlich war. Beide hatten einen Titel „We Can Fly From Here“ für Yes geschrieben, der trotz der gemeinsamen Proben und der sehr kurzen Spieldauer (37 Minuten) von „Drama“ kein Platz auf dem Album fand.

Das Album beginnt mit der Gemeinschaftskomposition „Machine Messiah“. Ein Zehnminutenstück, welches gleich den Wandel der Yesmusik offenbarte. Bei den drei verbliebenen Musikern von „Tormato“ ist die Klangveränderung offensichtlich. Steve Howe ist nicht mehr mit einen ganzen Reihe von verschiedenen Gitarren in den Stücken zu hören. Der Anteil der Overdubs wurde zurückgefahren, Realitätszitate verschwanden und der Sound dem vorherrschenden Zeitgeist angepasst und die Texte nicht mehr „kosmisch“, wie Steve zu sagen pflegte. Dem Bass wurde wieder mehr Raum (bei fast allen Stücken) eingeräumt. Die Produktion war wesentlich besser als auf dem Vorgängeralbum und die Spielfreude zurückgekehrt. Jeder brachte Ideen für dieses Stück mit und letztendlich sind und waren alle mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Geoff: „In diese (musikalische) Richtung hätten wir uns entwickeln sollen“.

Dem längsten Stück der Platte folgte das Kürzeste. Interessanterweise spielen auf diesem Stück nur Trevor und Geoff. Selbst die, wie eine Mandoline klingenden, Sounds kamen von den Keyboards. Chris wurde zu dieser Zeit nach der Qualität von Downes befragt. „Yes hatte nie einen besseren Keyboarder“ war seine Antwort. Geoff spielte „Man In A White Car“ in den Konzerten als Teil der gleichnamigen Suite.

„Does It Really Happen“ hingegen war eine Komposition die dem Powertrio Howe/White/Squire entsprang. Textlich wendet man sich wohl an die Herren Anderson und Wakeman. „Seid tapfer, das Gewicht, wird schaffen, die Leidenschaft, da ist, kein Weg, es zurückzunehmen“. Chris glänzt in diesem Stück durch seinen Powerbasslauf ...

„Into The Lens“ wiederum ist ein Stück, welches dem neuen Sänger zuzurechnen ist. Dieser Song wurde auch als „I Am A Camera“ auf dem späteren Bugglesalbum „Adventures In Modern Recording“ ein Jahr später nochmals veröffentlicht. Auch hier wurde der Song durch einen (diesmal recht einfachen) Bassriff eingeleitet. Es wird deutlich, dass sich die Instrumente gegenseitig mehr Platz lassen und eher songdienlich ausgerichtet sind. Im Schlussteil darf sich Steve auch an der Gitarre mit ein paar kleinen „Solos“ austoben, die für den späteren Sound von Asia typisch wurden ...

Chris weigerte sich beim nächsten Stück den Bass zu spielen. Also musste Trevor Horn diesen Part beim Stück „ Run Trough The Light“ übernehmen. Der Basslauf bekam dadurch vielleicht auch einen leichten Jazztouch. Chris komponierte die Grundmelodie am Klavier, welches er auf diesem Stück auch spielt und Steve veredelt seine Gibsongitarre mit der Martin-Mandoline. Der Text ist auch recht unspektakulär.

Im Abschlussstück läuft Alan wieder zur Höchstform auf. Das „lebende Metronom“ (O-Ton Trevor Horn) White besticht durch seine Drumsounds und verschmilzt scheinbar leicht mit Chris’ federnden Basslauf. Gitarre und Keyboards werden den Gesangslinien in „Tempus Fugit“ untergeordnet. Das Roger Dean Albumcover ist eine Collage des Textes : „.. run like a leopard ..., ... how the country would change …, … in the north sky time flies …

“Und die Antwort auf all unsere Antworten ist Ja”

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"We are truth made in heaven, we are glorious" (Anderson/Stolt 2016)

Saaldorf

Horselover59
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Re: Drama - Rezi

Beitrag von Horselover59 »

Aus dieser REZI "spricht" der FAN. Mit den Ohren von "damals" gehört, als
das Album raus kam, liest sich DAS ein bisschen anders: Zum einen "Ja"...das
ist jetzt die neue Yes-Mannschaft. Trevor Horn singt zwar mit hoher Stimme,
klingt aber MITNICHTEN wie Jon Anderson....no way. "Der Maschinen-Messias" -
interessantes Intro & der ruhige, sakrale Mittelteil, aber sonst?. "Man in a White car" gefiel/gefällt mir am Besten, gerade weil es NICHT von Yes stammt,
sondern NUR ein "Yes-Treatment" bekam. Es ist auch das kürzeste Stück, genau
das Gegenstück zu "Close to the Edge" & ähnlichem. - ....& der Rest des Albums? - Ein Yes-Auflauf ins Poppige gehend....KEIN Prog...NOPE!

Ähnlich geht es mir mit der neuen..."Fly from here". Auch hier NICHT Jon Anderson....Trevor Horn produzierte...."Drama II" - Vielleicht....Prog? NOPE.

"It looks like YES, but it ain't what it tries to be!" - So what?
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Roland
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Re: Drama - Rezi

Beitrag von Roland »

Äusserst interessante Rezi. Ich dachte damals Yes gäbe es nicht mehr, bis mir ein anderer Azubi eine Cassette gab, auf die er Drama aufgenommen hatte. "Into The Lens" wurde mein Lieblingslied daraus und blieb es bis heute. Ich merkte nicht mal, dass es "ein anderer Sänger" war. Der Unterschied zu meiner Yessongs Platte fiel mir schon auf, die war ja aber auch uralt...sorry, nur bla bla von Roli :oops: .

Mir gefällt Deine Rezi sehr gut, sie trägt all die Bruchstücke die ich über das Entstehen der Platte kannte zusammen und ordnet sie gleichzeitig chronologisch.

Dankeschön dafür. ;)

Michael
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Re: Drama - Rezi

Beitrag von Michael »

Roland hat geschrieben:… Mir gefällt Deine Rezi sehr gut, sie trägt all die Bruchstücke die ich über das Entstehen der Platte kannte zusammen …
Genau. Eine echte Guttenberg-Rezi quasi. ;)

Michael

Fragile
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Re: Drama - Rezi

Beitrag von Fragile »

Erst hatte ich auch, wie wahrscheinlich viele andere Yes-Fans auch, Befürchtungen, dass dem Album ohne Jon etwas fehlen wird (Yes ohne Rick ging ja bis dahin und auch danach eigentlich immer, auch wenn er für viele Yes-Fansein Idol war) und wollte mir das Album erst überhaupt nicht zulegen. Irgendwann sah ich dann aber mal die "Greatest Video Hits"-DVD, auf der ja die Clips zu "Tempus Fugit" und "Into The Lens" enthalten sind, was schließlich mein erster Kontakt zu den "Drama"-Songs war. Und wenn man sich die Clips dazu ansah, die Augen zu machte und somit Trevor Horn nicht sah, konnte man stellenweise tatsächlich glauben, dass es Jon war, der da sang, was wohl auch auf die vertrauten Backgrouzndgesänge von Chris und Steve zurückzuführen. So war es also nicht schlimm, sich an eine unbekanntere Yes-Gesangsstimme zu gewöhnen. Auch in diversen Rezis wurde "Drama" ziemlich positiv bewertet und als ich dann dort las, dass es auf dem Album wieder einen Longtrack gibt (was ich auf "Tormato" ein wenig vermisst habe) und dieser auch noch als der "etwas härtere Bruder von 'Awaken'" bezeichnet wurde, war mir klar, dass ich das Album auch haben musste. Und den Kauf habe ich bis heute nicht bereut, man kann das Album auch etwas besser durchhören als den Vorgänger. Nur "Run Through The Light" fällt hier ein wenig ab. Schade, dass es in der Besetzung nicht so weiter gegangen ist, wäre vielleicht interessant zu hören, wie "Fly From Here" dreißig Jahre früher geklungen hätte.
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MelloKey
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Re: Drama - Rezi

Beitrag von MelloKey »

Ich mag "Drama" sehr (ich glaube, das hatte ich an anderer Stelle auch schon mal geschrieben). Ich bin ziemlich unvoreingenommen an das Album herangegangen und wurde nicht enttäuscht. Klar, es ist anders - vor allem von den Songs her, die so herrlich buggles-mäßig angehaucht sind (ich liebe auch die beiden Buggles-Alben) -, jedoch nicht schlechter.

Songs wie "Machine Messiah", "Tempus Fugit" und vor allem "Into the Lens" (mein Lieblingsstück) finde ich auf ihre Art herausragend. Yes schaffen es trotz New Wave- und ein bisschen Elektro-Pop-Einschlag, sich selbst treu zu bleiben. "Machine Messiah" ist mit seinen diversen Abschnitten und musikalischen Unterteilungen schon fast noch proggig.

Und Trevor Horn leistet eine solide Arbeit. Dass er später jedoch live Probleme mit den Yes-Klassikern hatte, ist nachvollziehbar, die sind gesanglich eben sehr anspruchsvoll, das ist nicht jedermanns Sache.

Wie ist es eigentlich um die Popularität des Albums bestellt? Ich habe da schon die konträrsten Meinungen gelesen - es sei eines der besten Yes-Alben, es sei eines der schlechtesten Yes-Alben. Gibt´s da irgend eine Art von "klarer Linie" in den Fan-Meinungen?

By the way, sehr schöne Rezi, JJG [smilie=thumbsup.gif]!
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colonyslipperman
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Re: Drama - Rezi

Beitrag von colonyslipperman »

....danke!

:)

Fragile
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Re: Drama - Rezi

Beitrag von Fragile »

MelloKey hat geschrieben:Wie ist es eigentlich um die Popularität des Albums bestellt? Ich habe da schon die konträrsten Meinungen gelesen - es sei eines der besten Yes-Alben, es sei eines der schlechtesten Yes-Alben. Gibt´s da irgend eine Art von "klarer Linie" in den Fan-Meinungen?
Also, als es damals 1980 rauskam, wurde das Album, soviel ich weiß, wohl fast nur zerissen. Es konnte zwar noch Erfolge verbuchen (Platz 2 in GB, Platz 18 in den USA), aber der Großteil der Musikpresse war in der Punk-/New Wave-/New Romantic-Ära wohl ziemlich gegen die Band gerichtet. So fasste der New Musical Express zum Beispiel kurz und knapp zusammen: "Yes? No, thanks!" Bei den Yes-Fans wurde das Album mit ziemlich gemischten Gefühlen angenommen, weniger wegen der Musik, sondern vor allem wegen des Ausstiegs von Jon Anderson und Rick Wakeman, die beide äußerst beliebt waren. Erst in den letzten Jahren hat sich das Album so ziemlich rehabilitiert. So sind zum Beispiel die Jungs von Dream Theater große Fans des Albums und coverten auf diversen Konzerten den "Machine Messiah".
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nixe
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Re: Drama

Beitrag von nixe »

Tut mir leid, Leute, aber Drama ist & bleibt für mich ein Drama!!!
Als ich mit Yes anfing, zu der Zeit kam das HR3-RockTelephone, wo sich die Hörer, in diesem Fall, Yes wünschen konnten. Es war nach '83, also songs von 90125 waren mit im Programm.
Es wurde sich auch Machine Messiah gewünscht & ich bemerkte die stimmlichen & musikalischen Unterschiede nicht! Also an den vocals hat es also nicht gelegen. Am song selbst auch nicht, denn den sehe ich als vollwertigen YesSong an!!! Ebenso das kleinOd White Car, solche songs kamen des öfteren vor, später zumindest.
Jörg Eckrich erzählte, das die Buggles versuchten, wie Yes zu klingen & Yes? wie die Buggles??? So zumindest empfinde ich den Rest! Das ist nicht mein Yes!!! Sorry.
Tschüß
nixe

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biggenerator
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Re: Drama

Beitrag von biggenerator »

Aus Post: http://yesforum.phpbb8.de/post71294.html#p71294

biggenerator hat geschrieben:Gerstern:

Konzertvorbereitung,
Teil 2

YES - Drama

Bild

Fazit: Oft werde ich es mir wohl nicht anhören, mal sehen wie es LIVE ist.
stammt obige Aussage.

Jetzt muss ich korrigieren:
Die LIVE-Aufführung von YES am 21. Mai 2016 in Berlin in Admiralspalast hat bei mir ein starkes positives Echo für
DRAMA erzeugt.
Live ist die ganze Platte für mich viel überzeugender als die Studioversion.
Ich mochte DRAMA eigentlich nicht (s.o.), bin aber aufgeschlossen zum Konzert gegangen.
Und der Funke ist sofort übergesprungen.
Nicht nur bei mir, es gab ja nach Machine Messiah Standing Ovations, oder eher " Jumping Up - Standing Ovations" also
mit "Aufspringendem Publikum".

Die Titel von DRAMA sind richtige LIVE Opener, Alle.

Gerade jetzt läuft die LP und ich kann mich gut an das Konzert erinnern und an die Musiker , welche sichtlich Spaß an den Liedern hatten.
Umgesetzt haben sie es perfekt. Alle 5!

Nochmal:
Danke an YES - Billy Sherwood, Steve Howe, Alan White, Geoff Downes und Jon Davison.
_____________________________________
Bergkkeller Reichenbach / prog-rock.club
Artrockfestival XI - 14.–16. April 2023
https://prog-rock.club/ und https://prog-rock.club/artrock-festival-xiii_2025/


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