[REVIEW] YES - Tormato (1978)

veröffentlicht: 20.09.1978

Jon Anderson ; Chris Squire ; Steve Howe ; Alan White ; Rick Wakeman
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JJG
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[REVIEW] YES - Tormato (1978)

Beitrag von JJG »

Tormato

Steve hatte die Idee und Vorstellung das Album „Tor“ zu nennen. Er war auch nicht so recht zufrieden mit der Coveridee von „Hipgnosis“, die der Band vorgestellt wurde. Angeblich hätten die Künstler der Firma dann die Idee mit der zerquetschten Tomate habt. So entstand der Albumtitel „Tormato“ frei ins Deutsche übersetzt also „Tormate“. Wobei der Ausdruck „Tor“ für Berg/Hügel steht.

Steve hatte auf einer alten Landkarte von Dartmoor ein Gebiet gefunden, welches „Yes-Tor“ genannt wurde. Er wollte eine Schwarz/Weiß – Ansicht von dieser Landschaft auf dem Cover haben, konnte sich aber gegen „Hipgnosis“ nicht durchsetzen. Er favorisierte ohnehin ein Dean-Cover.

So wie es mit der Entscheidung für das Cover war, endete auch die musikalische Ausrichtung des Albums. Anderson „Es ist wie das Bild der Band auf der Alben-Rückseite, wir schauen alle in verschiedene Richtungen“. Es bleibt aber festzuhalten, dass verschiedene Entwicklungswünsche nicht zwangsläufig zu einem Rückschritt oder einer schlechten Platte führen müssen. Nein das kann durchaus interessant sein, wie das Vorgängeralbum bewies.

Die Probleme, die das Album machte waren nicht persönliche Differenzen, nein jeder wollte die Kontrolle haben über seinen eigenen Beitrag, über den Input der anderen Mitglieder und über die Produktion. „Irgendwann haben wir dafür unseren Preis gezahlt“.

Dennoch ist „Tormato“ ein gutes Album geworden, in dem sehr viele gute Ideen stecken. Die Songs sind kürzer geworden aber man griff auch wieder auf alte Ideen zurück. So wurde auf diesem Album der „Doppeltitel“ „Future Times /Rejoice“ gleich an den Anfang gesetzt. Die Möglichkeit dieser Songstruktur wurde wieder aufgegriffen und man hat zwei scheinbar nicht zusammen passende Melodien an einander gefügt. Einen offiziellen Livemitschnitt kann man auf „The Word Is Live“ hören. Vor allem live hat der Song die mäßige Produktion der Studioversion vergessen lassen.

In Amerika lief das Album besser als erwartet und Alan ist noch heute erstaunt, dass sich dort bei mancher Autogrammstunde, 80 % der Fans „Tormato“ signieren lassen.

„Future Times“ ist ein würdiger Opener für das Album und ist ein echter Power-Song mit hervorragender Schlagzeug-Arbeit und druckvollem Bass. Zwar spielen sich hier auch Rick und Steve die Melodien zu, bleiben aber hinter den Erwartungen zurück. Steve reduziert die Gitarrenparts auf seine Gibson Les Paul und die im Cover angegebenen „Hammond Organ und Polymoog“ aus Ricks Equipment sind den „Birotron“ unter geordnet. Ein gegenseitiger Support findet sich selten. Es geht eher nach dem Motto „Ich bringe mehr Noten unter“ als Du. Das ist auch den entscheidende Unterschied zu „Tales …“. Die Ideen wurden nicht in die Länge gezogen, sie wurden eher komprimiert. Der Song ist auch die einzige Gemeinschaftskomposition des Albums.

„Rejoice“ kommt dann schon sparsamer daher, es wirkt wie bei den früheren Doppeltiteln (Your Move/All Good People) als Gegenpol, führt aber die variierte Melodie fort. Dieser Songs stammt ausschließlich aus der Feder von Mr. Anderson. Textlich zeigen sich auch die „Gegenpole“. Der Blick in die Zukunft mit Andersons Vision einer besseren Welt und der Rückblick auf die letzten zehn Jahre und die Freude darüber.

Den „kosmischen Lyrics“ (O-Ton Steve Howe) folgt die eindeutige Aussage und ein kritischer Blick in die Gegenwart. Yes haben sich immer für die Erhaltung der Schöpfung ausgesprochen und dies meist subtil in ihren Texten dargeboten. Hier weicht man eindeutig davon ab. Don’t Kill The Whale hat auch heute wieder Bedeutung erlangt. Der Song kam auch in den damaligen Radiosendungen sehr gut an und die visuelle Ausführung im Fernsehen kann wohl auch als erstes „Yes-Video“ bezeichnet werden. Erstaunlich ist auch, dass es der einzige Song von „Tormato“ ist, der es auf das Live-Doppelalbum „Yesshows“ geschafft hat.

Eine schöne Idee für das Album ist auch der nächte Song Madrigal. Hier laufen die Herren Howe und Wakeman zur „akustischen“ Höchstform auf. Der Song ist übrigens die einzige Duo-Komposition von Anderson/Wakeman, die es auf ein offizielles Yes - Studioalbum (ohne Expanded) geschafft hat!

In rockigere Gefilde geht es dann mit „Release, Release“, einer Anderson/Squire/White Komposition. Die schon ein wenig in Richtung „Drama“ zeigt. Der Rhythmus wurde zusätzlich durch ADT (automatic double tracking) verstärkt. Die Schlaginstrumente geben hier auch den Ton an und zeigen den Trend in der damaligen Rockmusik – das Erstarken der Rhythmusfraktion. Ein Mini-Schlagzeug-Solo im Mittelteil und eingeblendetes Realitätszitat (Geräusche eines Fußballspieles) erzeugen einen scheinbaren Livesound. Der Song wurde laut Mr. White nur ein paar Mal gespielt, weil diese Uptempo-Nummer die Musiker außer Atem brachte.

Die Auseinandersetzung mit der Frage nach außerirdischem Leben ist Inhalt des nächsten Songs „Arriving UFO“ und ist wohl auch als Hommage an die damaligen Filme wie „Close Encounters“ und „Star Wars“ zu sehen. Ein Dialog Andersons mit einem Freund ist die Grundlage dieses Textes. Dazu liefert Rick ein paar skurrile Klänge auf seinen neuen Keyboards bei und Steve kreiert gleiches auf seinen Gitarren. Auch hier leidet der Song ein wenig durch die flache Produktion. Wer eine ältere Musikanlage mit Equalizer hat, kann das teilweise ausgleichen.

Das nachdenkliche Stück „Circus Of Heaven“ basiert auf einer Geschichte von Ray Bradbury, die Jon seinem Sohn vorgelesen hat und den Erinnerungen, die Jon mit dieser Geschichte verbunden hat. Deshalb beendet die Stimme von Damion auch den Song mit einem Frage – Antwort Dialog.

Nach der Anderson-Komposition schließt sich die Squire-Schöpfung "Onward" an, die ebenfalls nachdenklich aber weitaus gelungener ist. Chris hat sie auf dem Klavier komponiert und seinen Bandkollegen dargeboten. Hier sehen eindeutig die Vocal-Harmonien im Vordergrund. Ein ruhiger Song, bei dem sich Chris und Co. von Andrew Pryce Jackman im Rahmen der Orchestration unterstützen lassen. So erscheint der Song auch als Fortsetzung von „Fish Out Of Water“.

Den Abschluss des Original – Albums bildet dann das phantastische On The Silent Wings Of Freedom, welches die beiden Bandgründer als Komponisten zusammen führt. Alan und Chris in Höchstform.

Yes haben ein Jahr nach „Going For The One“ einen Nachfolger geschaffen, der zwar viele gute Ideen impliziert, die aber nur teilweise ausgearbeitet werden und so hinter den Erwartungen zurück bleiben. Dennoch hebt sich das Werk gegenüber vielen damals veröffentlichten Scheiben positiv ab und verfällt nicht im Mainstream-Strudel und unterstreicht die herausragende Stellung der Band.

Die erweitere CD-Veröffentlichung aus dem Jahre 2003 enthält noch die Songs „Abilene“ welches aus der Feder von Steve Howe stammt und als B-Seite für die „Don’t Kill The Whale“ Single diente.

Das lustige Stück „Money“ mit der Parodie Wakemans auf ein Labour-Partei Mitglied wurde erstmals auf der Yes – Years Box 1991 veröffentlicht. Weiterhin gibt es noch eine alternative Version von „Onward“.

Die restlichen Songs (Picasso, Some Are Born, You Can Be Saved, High, Days, Countryside, Everybodys Song) stammen überwiegend aus den Paris-Sessions für den Nachfolger von „Tormato“, der in dieser Besetzung aber nicht verwirklicht wurde.
"We are truth made in heaven, we are glorious" (Anderson/Stolt 2016)

Saaldorf

Günes
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Re: Rezension Album: "Tormato"

Beitrag von Günes »

Madrigal ist doch nur klasse. Tormato ist schon eine ganz witzige LP/CD!
SGE!
Alles andere ist würg, ok, der FSV ist auch noch in Ordnung, immerhin bin ich Bornheimer und als solcher liebt man die Eintracht und den FSV. überhaupt ist Bornheim der beste Ort unter Gottes Sonne. Ihr zweifelt? Zweifelt nicht!

BBQ.Master
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Re: Rezension Album: "Tormato"

Beitrag von BBQ.Master »

"Tormato" ist ein Album, das musikalisch leider nicht ausgearbeitet wurde und daher eine vertane Chance für Yes, auch kurze Songs zu präsentieren, war.
"It's better to burn out than to fade away ...because rust never sleeps." - Neil Young

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Günes
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Re: Rezension Album: "Tormato"

Beitrag von Günes »

BBQ.Master hat geschrieben:"Tormato" ist ein Album, das musikalisch leider nicht ausgearbeitet wurde und daher eine vertane Chance für Yes, auch kurze Songs zu präsentieren, war.
So ne Art Tormato-BBQ? :ugeek:

Mir gefällt Ricks Synth!
SGE!
Alles andere ist würg, ok, der FSV ist auch noch in Ordnung, immerhin bin ich Bornheimer und als solcher liebt man die Eintracht und den FSV. überhaupt ist Bornheim der beste Ort unter Gottes Sonne. Ihr zweifelt? Zweifelt nicht!

BBQ.Master
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Re: Rezension Album: "Tormato"

Beitrag von BBQ.Master »

Günes hat geschrieben:
BBQ.Master hat geschrieben:"Tormato" ist ein Album, das musikalisch leider nicht ausgearbeitet wurde und daher eine vertane Chance für Yes, auch kurze Songs zu präsentieren, war.
So ne Art Tormato-BBQ? :ugeek:

Mir gefällt Ricks Synth!
Ist mir zu käsig. Wakeman wäre besser beim MiniMoog geblieben, anstatt dem Trend hinterher zu laufen.
"It's better to burn out than to fade away ...because rust never sleeps." - Neil Young

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Der Teemeister
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Re: Rezension Album: "Tormato"

Beitrag von Der Teemeister »

JJG:
Die restlichen Songs (Picasso, Some Are Born, You Can Be Saved, High, Days, Countryside, Everybodys Song) stammen überwiegend aus den Paris-Sessions für den Nachfolger von „Tormato“, der in dieser Besetzung aber nicht verwirklicht wurde.
Hast Du dafür Quellen? Ich glaube eher, (aber finde außer meiner subjektiven Wahrnehmung
der Klänge, des Materials, des Soundes, Jon's Stimme usw. auch keinen Anhaltspunkt dagegen),
dass all diese Titel (wie auch "Richard") Reste der Tormato-Sessions sind, die es nicht
schafften, sauber, und zu Ende, produziert zu werden. Zumindest tauchen sie auf meinem
Bootleg der Paris-Sessions nicht auf, und ihre zeitliche Einordnung von Rhino als Tormato-
Bonus-Tracks spricht auch dafür. Schade, dass die Booklets diesbezüglich so wenig informativ sind.
Zumindest sieht man, welch ungeheuerer Reichtum an Möglichkeiten für ein 79er Yes-Album
noch dagewesen wäre, wenn man .....

--------------------
... On the darkest night so painful ...
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JJG
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Re: Rezension Album: "Tormato"

Beitrag von JJG »

Der Nachfolger von Tormato ist an Songs wie "Some are born" und "Days" gescheitert.
Für Chris waren diese Songs zu folkig, da das Trio HSW in eine andere Richtung tendierte.
Zusätzlich existiert noch ein Bootleg welches ich aber nicht besitze. Ein guter Freund
von mir hat es, vielleicht borgt er es mir mal aus. Was aber letztlich auch kein echter Beleg ist,
weil alle Bootlegs kein Nachweis für eine zeitlichen Einordnung sind, sondern nur, dass man diese
Songs zu der Zeit geprobt/einstudiert/verändert hat.
Eine genaue zeitliche Einordnung der einzelnen Songs ist ohnehin nicht möglich, da all
diese Songs überwiegend aus der Feder eines Mitglieds stammen. Die Komposition kann
schon etliche Jahre her sein.
"We are truth made in heaven, we are glorious" (Anderson/Stolt 2016)

Saaldorf

Der Teemeister
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Re: Rezension Album: "Tormato"

Beitrag von Der Teemeister »

Eine genaue zeitliche Einordnung der einzelnen Songs ist ohnehin nicht möglich, da all
diese Songs überwiegend aus der Feder eines Mitglieds stammen.
Muß ich, - natürlich sanft und behutsam, - argumentieren: Es handelt sich ja nicht
um reine Jon-Demos (bis auf "Days"), sondern um von Yes real eingespielte basic
tracks, oder im Übungsraum festgehaltene Ideen. Und dafür gibt es dann immer auch
beschriftete und datierte Tapes. Es geht ja nicht um den Zeitpunkt des Schreibens,
sondern um den Zeitpunkt der Einspielung. Die Tatsache, dass Jon "Some Are Born"
1980 auf "Song Of Seven"veröffentlichte, ist noch kein Beweis für seine Erstvorstellung des
Songs in Paris 79. Das die Bootlegger manchmal auf so eine CD eben draufnehmen,
was dann noch so im Umfeld zur Hand ist (um die Verkäuflichkeit zu steigern) ist
auch bekannt. Selbstverständlich (Kompromiss?) könnte ein 78 durchgefallener Song
auch 79 wieder aufgegriffen worden sein, und Rhino musste die Bonus-Tracks ja auf
die verschiedenen CD's irgendwie verteilen. Und sie wissen es ja auch bloß nicht.

Na ja, meine Meinung ist natürlich auch der Tatsache geschuldet, dass auf dem von mir
hier besprochenem Bootleg der Raris-Sessions diese Titel halt nicht sind (was natürlich
nichts anderes heißt, als das sie da eben nicht sind :mrgreen: ) Wären sie es, wäre ich
vielleicht ein Befürworter der gegen-These. Insofern: Ein Inselreich für den Bootleg Deines
Freundes! Was bleibt, ist für mich die vergebene Möglichkeit, aus all diesen Demos doch
ordentliche Sachen zu produzieren.
Aber auch Steve Howe hat sich damals sehr quer gestellt. Danke für Deine Reaktion!
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Re: Rezension Album: "Tormato"

Beitrag von JJG »

Nein Teemeister, das meinte ich nicht. Die Bonus-Tracks
sind überwiegend Kompositionen jeweils eines Mitglieds, nicht
nur Jon-Kompositionen oder Band/Gemeinschaftskompositionen.
"We are truth made in heaven, we are glorious" (Anderson/Stolt 2016)

Saaldorf

Der Teemeister
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Re: Rezension Album: "Tormato"

Beitrag von Der Teemeister »

Ah, jetzt Verhalt von Sache welches wird klar.
Das ist auch alles ziemlich unwichtig. Hauptsache,
wir können es hören un uns daran erfreuen.
Darum geht es doch! [smilie=thumbsup.gif]
Alles andere sind private Annahmen, die uns
ohne konkretes Wissen nichts bringen.
Insofern, schönes Wochenende!
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