Close to the Edge - Versuch einer Interpretation

veröffentlicht: 13.09.1972

Jon Anderson ; Chris Squire ; Bill Bruford ; Steve Howe ; Rick Wakeman
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Beside
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Re: Close to the Edge - Versuch einer Interpretation

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Teil C: Total Mass Retain

My eyes convinced eclipsed with the younger moon attained with love
It changed as almost strained amidst clear manna from above.
I crucified my hate and held the word within my hand
There's you, the time, the logic, or the reasons we don't understand.


1. Wort-Ebene

convinced: Meint - wie in vielen Sprachen - beides: überzeugt sein (positiv, d.h. aufgrund guter Argumente) und überredet sein (negativ, d.h. ohne oder sogar gegen gute Argumente).
eclipsed: Term. techn. aus der Astronomie = verfinstert, bedeckt; übertragen auch verblassend, in den Hintergrund stellend.
younger moon: Feststehender Begriff für Jugendzeit, Pubertät.
attained: Erlangt; als Verb: ankommen, erreichen, erzielen, gewinnen.
almost: Annähernd, fast, beinahe (also in einschränkendem Sinne).
strained: Sehr viele Term. tech. von Belastung / Beanspruchung bis hin zur Deformation; übertragen auch angespannt, angestrengt.
amidst: Inmitten, mitten unter.
crucified: Verb = kreuzigen i.S.v. quälen, jmd. fertigmachen; auch opfern, vollständig hingeben.
there is: Feststehender Begriff = es gibt.
reasons: Term. techn. jur. für Begründung; ansonsten Grund / Anlass oder Argument / Beweggrund; das Verb enthält auch Bedeutungen wie erörtern, über etw. nachdenken, schlussfolgern.

2. Vers-Ebene

Diese vier Zeilen (über das Thema Liebe ...) sind die einzigen im ganzen Epos, deren Enden sich reimen.
Über die "reasons we (don't) understand" besteht eine Verbindung zum nächsten Abschnitt.

convinced eclipsed: Da eclipsed eher einen negativen Beiklang hat, würde ich convinced auch mit "überredet" übersetzen.
attained with love: Wieder steht ein Attribut am Ende und kann sich prinzipiell auf beides beziehen: eyes convinced und younger moon. Letzteres würde vom Satzbau her nahe liegen, vom Sinnzusammenhang her dürfte aber diese pubertierende Liebe die Überredung und Verfinsterung bewirken.
Ein schönes Wortspiel: younger moon (als feststehender Begriff) und eclipsed.
Diese Liebe ist nicht tatsächlich, sondern nur "almost" belastet oder deformiert - weil das Manna = die wahre Liebe keinen solchen negativen Effekt hervorrufen kann?
Manna: Begriff aus dem Alten Testament (2. Buch Mose, Kapitel 16). Das Volk Israel war aus Ägypten geflohen, zog durch die Wüste, hatte Hunger, murrte über Gott; am nächsten Morgen lag das essbare Manna in der Gegend herum. Der Begriff wurde später Synonym für allerlei himmlische Speise oder "Götterspeise" (vgl. auch Ambrosia und Nektar bei den Griechen).
crucified my hate: Vom Wortgehalt her eigentlich nicht hinrichten (execute), sondern quälen (Harry Potter-Fans: Cruciatus Curse) oder opfern. Den Hass zu quälen scheint schwierig, ist es dagegen möglich, den Hass zu opfern?
[Prinzipiell ja, vgl. (ernst gemeint) Wikipedia: Posttraumatische Verbitterungsstörung = Wer hasst, leidet unter Ungerechtigkeit und ist nicht bereit, seinen Hass aufzugeben. Er hat ja ein Recht dazu und würde beim Aufgeben des Hasses dem Ungerechten damit indirekt Recht geben. Soll heißen: crucified my hate nicht als strafende Abtötung / Hinrichtung ergibt sehr wohl einen Sinn.]
word within my hand: Spontane Assoziation ist natürlich "Time And a Word" = ... and the word is love.

[Christliche Begriffe: "Wort" ist im Neuen Testament im Johannesevangelium und den "Briefen des Johannes" ein Synonym für Jesus und - da dieser wesenseins ist mit der Liebe - auch für die Liebe. Damit hätten wir innerhalb von zwei Zeilen drei biblische Begriffe. Auch der Sinn deckt sich mit der christlichen Botschaft: Hass aufgeben, dafür Liebe üben bzw. ins Herz aufnehmen; diese Liebe ist nicht menschlicher Natur und muss daher von Gott geschenkt werden.]
[Liebe: Andere Sprachen differenzieren zwischen verschiedenen Arten von "Liebe" = die körperliche Liebe, die freundschaftliche Liebe, die begehrende Liebe, die "hormonell induzierte" Liebe, die "bedingungs-lose" Liebe. Letztere dient nicht nur dem Christentum (agape) als Ideal, sondern auch dem Buddhismus (metta). Es geht darum, den anderen höher zu setzen als sich selbst, gleichzeitig etwas oder jemanden als "Sein an sich" und nicht aufgrund von dessen Eigenschaften oder Verhalten anzunehmen und zu lieben. Wird wichtig für die Deutung auf Part-Ebene.]

the reasons: Bietet mehrfache Deutungsmöglichkeiten. 1) Überlegungen über ... 2) ähnlich: Argumente für/gegen ... 3) Anlässe oder Beweggründe für ein bestimmtes Verhalten. Sehr schwierig ... speziell time gehört nicht unbedingt zu unseren Beweggründen = spricht für 1) oder 2). Andererseits handeln die gesamten "reasons"-Zeilen von unserem Charakter / Verhalten bzw. was uns dazu veranlasst = spricht für 3).


Sad courage claimed the victims standing still for all to see
As armoured movers took approach to overlook the sea
There since the cord, the license, or the reasons we understood will be


1. Wort-Ebene

sad: Betrübt / getrübt, traurig / trist.
courage: Courage als (Lebens-)Mut oder Tapferkeit.
claimed: Beansprucht, gefordert; als Verb: ab- oder einfordern, geltend machen, etw. beanspruchen.
victims: Opfer (von jmd. oder etwas).
for all (to see): alle Mal, allemal; hier nicht als Präposition + Gen/Dat. = trotz, dennoch.
armoured: Gepanzert, bewaffnet.
movers: Antragsteller, treibende Kraft, Triebwerk; technisch Kraft, Maschine; ein philosophisch bekannter Begriff ist z.B. Gott als unmoved mover = unbeweglicher Beweger.
took approach: Vorgehen, an etwas herangehen, zu etwas ansetzen i.S.v. etwas beginnen; auch: Lösungsansatz oder Lösungsweg.
overlook: etwas überschauen, überblicken; aber auch etwas übersehen i.S.v. nicht bemerken, über etwas hinwegsehen.
sea: Meer; aber auch: Seegang, Wellengang.
cord: Faden, Kordel, Gurt, Leine, Strick; auch Richtschnur, Maßband.
license: Erlaubnis, Freiheit, Berechtigung; auch: Unzucht, Zügellosigkeit.

2. Vers-Ebene

So lange es nicht an die Deutung / Übertragung dieser Metapher geht, ist die Satzaussage einfach: Es gibt movers, welche etwas bewegen oder eine Bewegung auslösen. Diese sind praktisch unbezwingbar (armoured), weshalb den Opfern dieser Bewegung der Mut verloren geht und sie (als Wortspiel) bewegungslos still stehen und zusehen müssen, wie ...
... overlook the sea: Die Kombination der Wortbedeutungen bietet vier Möglichkeiten:
1) Entweder überblicken die movers das weite / unendliche Meer,
2) oder sie nehmen dieses Meer nicht zu Kenntnis,
3) oder sie haben den Überblick auch über den hohen Wellengang,
4) oder sie nehmen den hohen Wellengang nicht zu Kenntnis.
Und dies kann noch mit took approach kombiniert werden: Versuchen die movers dies (als Intention) oder beginnen sie damit (als Tat).
Hier müsste nun bei acht Möglichkeiten doch für jeden eine passende Interpretation dabei sein ... ;-)

cord und license würde ich als gegensätzliches Begriffspaar deuten: "Fessel und Freiheit" - wobei angesichts der negativ gefärbten Verse davor auch "Zügel und Zügellosigkeit" denkbar wären, denn der Begriff "Freiheit" passt nicht unbedingt zu den mutlosen Opfern.

Im ersteren Fall sind es einfach die "reasons we don't understand", nun werden es (will be) seit dieser Erfahrung (since) - also künftig - die "reasons we understood" (Vergangenheit) sein. Ihr merkt, der Versaufbau wirkt sich langsam auf meinen eigenen Schreibstil aus ... ;-)

[Den Refrain mit seinen vielerlei Varianten lasse ich jetzt weg.]


Sudden call shouldn't take away the startled memory
All in all the journey takes you all the way.
As apart from any reality that you've ever seen and known.
Guessing problems only to deceive the mention,
Passing paths that climb halfway into the void
As we cross from side to side we hear the total mass retain.

1. Wort-Ebene

sudden: Plötzlich, überraschend.
call: Anruf, Berufung; Ruf, Zuruf.
take away: Etw. fortschaffen / trennen / wegnehmen / schmälern.
startled: Aufgeschreckt, erschreckt.
memory: Erinnerung, Gedächtnis.
all in all: Feststehender Begriff = Insgesamt, alles zusammen betrachtet.
all the way: Feststehender Begriff = in jeder Hinsicht, voll und ganz.
apart from: Als Präp. mit Dativ = außer(halb), abgesondert, abseits, für sich, separat.
guessing (problems): ahnen, annehmen, vermuten; bis hin zu raten / erraten.
deceive: Betrügen, irreführen, täuschen.
mention: Auszeichnung, Belobigung; oft auch: Erwähnung, Nennung (vgl. not to mention = ganz zu schweigen von).
climb: Viele Bedeutungen, alle i.S.v. hinauf- ...
halfway: Übergangs... / auf halbem Wege, halbwegs, Zwischenstadium.
void: Hier einfach Leere.
total mass: Gesamtmasse, vollständige Masse,
retain: Als Nomen = Zurück(be)haltung, Zurückstellung; als Verb: abstützen, anhalten, aufstauen, speichern, beibehalten, bewahren, etw. festhalten, fixieren ...

2. Vers-Ebene

Die ersten drei Zeilen sind von der Aussage her unproblematisch.
guessing problems: Mögliche Bedeutungen wären 1) Über Probleme rätseln 2) Probleme zu erahnen (sie sind vorhanden) 3) Probleme nur anzunehmen (ohne dass sie faktisch vorhanden sein müssten).
deceive the mention: Wenn wir hier von einer irreführenden Erwähnung ausgehen, müssten wir die o.g. Variante 3) mit den nur angenommenen (oder befürchteten) Problemen wählen.
Dies wiederum passt zu den paths into the void. Die immerhin bereits auf halbem Wege als Irrwege erkennbar sind. Wer auf halbem Wege umgekehrt, irrt nur zur Hälfte ...
Ganz interessant: Wenn wir anhand des Bisherigen wieder die Seite wechseln (zurück zu den Problemen), dann müsste die Schwere wieder zurückkehren (return). Hier nun im Text behalten wir jedoch die (frühere) Schwere bei (retain) - die wir aber doch mit Beginn des in Part 1 genannten Erlebnisses hinter uns gelassen haben. Chris Welch berichtet nun in seinem Buch von einem Gespräch mit der Band, wonach der Text ursprünglich "return" gelautet habe, dann aber aus klanglichen Gründen in "retain" abgeändert wurde.

3. Part-Ebene

[Exkurs: Meditation. Um die weitere Deutung zu verstehen, muss ich doch kurz die Abläufe in einer (weltanschaulich übrigens neutralen) Meditation erläutern. Dies ist jedoch keine Anleitung! Wer es ausprobieren will (bzw. trotz YES-Fan noch nicht ausprobiert hat ...), darf im Internet nach Anleitungen oder einem Zen-Lehrer oder Zen-Meister in der Umgebung suchen. ;-)
Also: Meditation heißt still sitzen, Klappe halten, nix denken. :-) Geübt wird extreme Konzentration, z.B. auf den Atem, bestimmte Körperteile usw. Dadurch lernt der eigenen Geist, nicht dauernd zu plappern oder zu jeder Sinneswahrnehmung oder Empfindung seinen Kommentar zu liefern. Der Geist wird so im Lauf der Übung zum Spiegel, der alle Sinnesreize, Gefühle, Gedanken wahrnimmt, ohne in seinem eigenen Wesen davon betroffen zu sein. Hierdurch kann alles, was auftritt, neutral wahrgenommen, betrachtet, analysiert und dann einfach akzeptiert werden. Akzeptiert meint hier nicht "befürwortet" oder "für gut befunden werden", sondern einfach "stehen lassen".
Häufig stellt man dabei fest, dass sich die ersten wahrgenommenen Phänomene um das eigene Ich drehen - meine Gedanken, meine Gefühle, meine Probleme usw. Kommt man davon irgendwann ab, taucht die nächste Umgebung auf, Menschen, die wir besonders lieben, hassen, ... Irgendwann dann weitet sich der Blick auf die ganze Welt, die Menschen bzw. die Menschheit. (Und noch später können komische oder hochinteressante Dinge geschehen, aber das würde etwas Größeres.)
Nur so viel sei schon vorab angedeutet: Womit beschäftigen sich Part 2, 3, 4 (in eben dieser Reihenfolge)? ;-) ]


Jetzt zur Deutung selbst:

Nach dem in Part 1 Erlebten sitzen wir also wie Siddhartha am Fluss (des Lebens), sind dem bisherigen Leben und ggf. einem auftauchenden Selbsthass oder gar einer drohenden Lebensmüdigkeit entkommen und meditieren nun. Unsere ersten Erfahrungen drehen sich dabei um das eigenen Ich.
Aus der Vergangenheit taucht das Drama der Pubertät auf, nicht nur die berühmte "rosa Brille", sondern auch die hormonelle Liebe, das Begehren eines anderen, das ganze Gefühlschaos.
Nun haben wir aber plötzlich eine Gabe vom Himmel erhalten und unsere Sicht ändert sich. Wir erkennen das Wesen der wahren bedingungs-losen Liebe, das Einssein mit allen Lebewesen und der Schöpfung. Hass braucht aber ein Gegenüber, im Einssein verliert er seine Funktion, wir können ihn also opfern im Dienste der neuen Erkenntnis. Dies tut manchmal dolle weh - sogar aus der neuen übergeordneten Sicht. Aber wir halten die Himmelsgabe, das Wort, das Ideal der agape / metta fest in unserer Hand.

Wir erleben in der Meditation nun beides, unser Hirn mit seinen Prägungen, das an den alten Vorstellungen festhält - und die neue Erkenntnis, dass alles anders ist. Diese beiden Sichten kommen sich manchmal in die Quere. Logisch wäre es, der neuen Erkenntnis zu folgen, aber der Neandertaler in uns verlangt sein vermeintliches, über lange Generationen erworbenes Recht.
[Als christliches Beispiel: Im Brief des Paulus an die Römer 7, 15-24 findet sich ein interessanter Abschnitt zum Thema "Ich bin mir selbst ein Rätsel".]
[Meditation geht übrigens davon aus, dass sich viele Punkte und Fragen gerade NICHT mit dem Verstand oder der Logik lösen lassen, im Gegenteil, dies behindert die wahre Erkenntnis. Klassisches Beispiel sind die sog. "Koans" = vom Denken her "unsinnige" Fragen des Zen-Meisters: "Wie lieblich klingt das Klatschen einer Hand?".]


Ich bin abhängig von der Zeit, sie schenkt mir, nimmt mir - und oftmals nicht das, womit wir rechnen oder was wir begehren. Die Zeit verändert uns unmerklich. Es bedarf anderer, die uns nach längerer Zeit wiedersehen und meinen "Mensch, hast Du dich verändert". Oder als Beispiel zum Stichwort Liebe ... nach 30 Jahren triffst Du die Traumfrau Deiner Pubertät wieder, eine unsportliche Hausfrau und Mutter, deren einst so brillianter Geist sich nur noch um Windeln und den Job in der Stadtbücherei dreht ... und plötzlich haben sich all die Erinnerungen und großen Gefühle im Lauf der Zeit aufgelöst ... wie Tränen im Regen (stimmt, ich bin auch BR-Fan ...).
So gibt es mich als Persönlichkeit, Prägung, Verhalten, dazu die (Un)Logik, die Zeit - und all dies sind Beweggründe, die mich antreiben und verändern, ohne dass ich oftmals den tieferen Sinn in mir oder in einem übergeordneten Plan eines Schicksals oder eines Gottes verstehe. Leider ... oder manchmal Gottseidank???

Auf der anderen Seite gibt es die Triebe des Unbewussten in uns. Unser Bewusstsein ist eine Maus, welche meint, den Elefanten unseres Unbewussten zu zähmen und reiten zu können. Diese Triebkräfte, die uns bewegen, sind kurzsichtig, sie überblicken nicht den hohen Wellengang, der damit einhergehen konnte (Stichwort: Der Morgen danach ...). Einerseits legen sie uns Zügel an und führen uns in Richtungen, die wir bei normalem Menschenverstand nicht einschlagen würden. Andererseits schenken sie uns auch eine Zügellosigkeit, die uns ausleben lässt.
[Übrigens hat auch das Unvernünftige im Leben seine Bedeutung; "Lasst uns heute einen absolut unvernünftigen Tag leben" (Paulo Coelho) ... Und ich rauch jetzt erst mal eine ;-) ]
Seit uns dies einmal wirklich bewusst geworden ist, wir diese Treibkräfte verstanden haben, werden diese für uns nicht mehr nur unbewusste Triebe, sondern auch durchaus bewusst Zügel und Zügellosigkeit zugleich sein.

Nun folgt in den weiteren Versen ganz praktisch etwas Meditationstechnik (in der durchaus auch Gefahren lauern):
Sind nun gerade beim Thema Liebe (solche oder solche) alte Erinnerungen aufgeschreckt, sollten wir diese einfach "stehen lassen" und nicht durch überraschende oder plötzlich auftauchende Zwischenrufe aus unserem Inneren blockieren lassen. Weder Moral noch schlechtes Gewissen noch begehrendes / melancholisches / hassendes Aufpoppen sollte unsere Konzentration ablenken und unserem Spiegel seinen unberührten Charakter nehmen.
Wir müssen also "dran bleiben", dabei durchaus darauf gefasst sein (und dürfen uns aber auch gespannt darauf freuen), dass uns diese Reise mit all ihren Inhalten weit, weit durch Leben und Menschheit führen kann. Weit, weit weg aber gerade nicht von aller Realität, sondern hin zu jener erweiterten Sicht von Realität, wie wir sie bisher noch niemals gesehen oder erlebt haben.

Im Spiegel unserer Meditation mögen wir gelegentliche Probleme vermuten, der Geist, unsere Erinnerungen, unsere neurologischen Prägungen melden sich, der Verstand will ordnen, Ursachen und Kausalzusammenhänge finden, Entschuldigungen und noch vieles mehr. Aber diese Einflüsterungen (vgl. das hear in der letzten Zeile!) sind nur irreführend. Denn nicht vergessen: Wir bleiben der neutrale, unberührte Spiegel. Ansonsten klettern wir teilweise steile und unbeschwerliche Pfade hinauf, die auf halber Strecke im Leeren landen. Und das wollen wir ja gerade vermeiden ... denn wenn wir hier wieder von der Spiegel-Seite in unseren normalen unachtsamen Alltag wechseln, werden wir die bisherige unglaubliche Schwere unseres alltäglichen Lebens wieder beibehalten (oder - Stichwort return - sie kehrt wieder zurück.)
[Aber die gute Nachricht: Ist die Konzentration oder dieses Bewusstsein weg, braucht es keinen umständlichen Rückweg oder eine diffizile Reue- oder Reinigungs-Prozedur. In der Erkenntnis "Huch, die Achtsamkeit ist weg" zeigt sich bereits wieder die zurückgekehrte Achtsamkeit - und man kann sofort wieder neu beginnen. Tausende Male, ist bei jahrelanger Meditationsübung normal. Widerfährt so auch dem geübtesten Zen-Meister. Also: Frust ist fehl am Platze, ohne Umwege zurück auf Los, wir gönnen uns ja schließlich selbst etwas Gutes.]
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Beside
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Re: Close to the Edge - Versuch einer Interpretation

Beitrag von Beside »

@ Schneeblick: Hmmm, daraufhin habe ich wohl zum ersten Mal ernsthaft überlegt, was Kunst für mich bedeutet oder wie ich sie definieren würde.
Zwei gleich gestimmte Saiten, bringe ich die eine zum Schwingen, so schwingt die andere von selbst mit.
Ein Künstler hat die Begabung, Schwingungen so in Musik / Bild / Text / ... einzubringen, dass meine Saite(n) ebenfalls zu schwingen beginnen. Eine oder mehrere.
Als ich CTTE vor vielen Jahren die ersten Male hörte, schwangen aber bei Musik und Text teilweise ganz andere Saiten als heute.
Möglicherweise werde ich in zehn Jahren über meinen jetzigen Interpretationsversuch nostalgisch oder irritiert den Kopf schütteln ...

Vielleicht ist dies auch der Hintergrund, warum bei den CTTE-Liveauftritten die Musik, der Text und auch die Art des Gesangs immer mal wieder variieren. Bei ABWH taucht im vorletzten Abschnitt mitten im Chaos plötzlich eine erstaunliche Dur-Folge auf. Und gestern hab ich Symphonic Live geschaut und Anderson klang in Part 2 teilweise richtig wütend (oder frustriert?).
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Beside
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Re: Close to the Edge - Versuch einer Interpretation

Beitrag von Beside »

Kleiner, aber wichtiger Nachtrag zur neuen Deutung von Total Mass Retain (und den zwei noch ausstehenden Teilen):

Ich will nicht ausdrücken, dass man meditieren muss, um den Text wirklich verstehen zu können. Noch nicht einmal, dass YES hier Meditations-Erfahrungen verarbeitet hat.
Der ganze Text passt einfach nur gut zu den Erfahrungen, die von Meditierenden immer berichtet werden ... und zu meinen eigenen natürlich auch. Von daher liegt diese Interpretation für mich halt nahe.
Die ganzen Erfahrungen, Gedanken, neuen Wege (und Irrwege) kann man sicherlich auch auf andere Weise erzielen.

Sorry, aber das war mir nur kurz wichtig, dass ich das so klarstelle ;-)

Aprilforst
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Re: Close to the Edge - Versuch einer Interpretation

Beitrag von Aprilforst »

Beside hat geschrieben:Im Spiegel unserer Meditation mögen wir gelegentliche Probleme vermuten, der Geist, unsere Erinnerungen, unsere neurologischen Prägungen melden sich, der Verstand will ordnen, Ursachen und Kausalzusammenhänge finden, Entschuldigungen und noch vieles mehr. Aber diese Einflüsterungen (vgl. das hear in der letzten Zeile!) sind nur irreführend. Denn nicht vergessen: Wir bleiben der neutrale, unberührte Spiegel. Ansonsten klettern wir teilweise steile und unbeschwerliche Pfade hinauf, die auf halber Strecke im Leeren landen. Und das wollen wir ja gerade vermeiden ... denn wenn wir hier wieder von der Spiegel-Seite in unseren normalen unachtsamen Alltag wechseln, werden wir die bisherige unglaubliche Schwere unseres alltäglichen Lebens wieder beibehalten (oder - Stichwort return - sie kehrt wieder zurück.)
Da bekommt die Phrase "Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins" einen Sinn.
Aber danke erst mal für die vielen gedanklichen Anregungen. Ich werde Deinen Text noch einige Male lesen, um darauf ein Statement abgeben zu können.
Die Musik beruht auf der Harmonie zwischen Himmel und Erde, auf der Übereinstimmung des Trüben und des Lichten. Hermann Hesse.
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Beside
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Re: Close to the Edge - Versuch einer Interpretation

Beitrag von Beside »

Teil D: I Get Up, I Get Down

In her white lace you [she] could clearly see
The lady sadly looking saying that she'd take the blame
For the crucifixion
Of her own [own fehlt] domain.

1. Wort-Ebene

lace: Schnur oder Verschnürung jeder Art, bei Kleidung Borte oder Spitze.
clearly: Deutlich, offensichtlich.
to take the blame: Schuld auf sich nehmen müssen, etw. ausbaden oder (selbst) auslöffeln müssen.
crucifixion (vgl. oben): Kreuzigung i.S.v. Qual, Folter, aber auch Opfer.
domain: Jegliche Art von abgegrenztem Bereich oder Gebiet.

2. Vers-Ebene

[Kamala im Buch: Siddhartha will von Kamala als erfolgreicher Prostituierten die Kunst der Liebe lernen. Sie ist nicht abgeneigt, doch verlangt sie Geld, sogar "viel Geld" als Voraussetzung dafür, dass sie Gefallen an ihm finden soll. Beide beginnen dann ein längeres Liebesverhältnis, das zwar auf Zuneigung basiert, aber nicht auf Liebe. Weil - so ihre Erkenntnis - "Menschen wie wir nicht lieben können". Als Siddhartha irgendwann jedoch klar wird, dass er vom Weg seiner Weisheitssuche abkommt, verlässt er sie ohne jeglichen Abschied. Sie akzeptiert dies, hat es auch geahnt, stellt jedoch später fest, dass sie vom letzten Beisammensein schwanger ist.]
white lace: Zunächst bietet sich eine weiße "Spitze" i.S.v. weißem Spitzenkleid an. [Im Buch wird übrigens an keiner Stelle die Kleidung von Kamala beschrieben.]
Die Farbe Weiß hat in unserem Kulturkreis die Bedeutung von Unschuld oder Reinheit, auch (im Gegensatz zum Trauer-Schwarz) von Freude. Kann aber damit Kamalas Zustand nach dem Weggang Siddharthas beschrieben werden? Vgl. sadly looking, take the blame, crucifixion.
Nimmt man den (Background-)Folgevers mit "coil" auf, wären wir jedoch wieder bei einer Schnur oder Verschnürung. Dazu passt im Folgevers "their said amazement of her story" - said (übersetzt "das o.g.") nimmt Bezug auf diesen Vers, lace würde sich somit auf das Erstaunen / Entsetzen über ihre Geschichte beziehen. Daher a) Dieses Entsetzen hat sie fest verschnürt, also im Griff b) in unserem Sprachbereich gibt es ja auch noch das "Verstricktsein in eine Angelegenheit".
sadly looking: Passend zu diesem Abschied.
crucifixion: Dass Kamala gelitten hat, ist naheliegend. Dass es jedoch Qual oder Folter war, gibt der Buchtext nicht her. Andererseits hat Siddhartha sie bzw. ihre Beziehung durchaus seiner Suche nach Erkenntnis geopfert.
her own domain: Bei einer Kurtisane die Liebe, hier wohl undifferenziert in jeder Bedeutung.
Ergibt den Zusammenhang: Kamalas eigener Bereich - die Liebe - wird hier geopfert, sie leidet, gibt jedoch zu, dass sie selbst dafür die Verantwortung auf sich nimmt (deutlicher durch die Metapher: selbst die Suppe auslöffeln muss).


(Background Vocal:)
[Thru the duty] She would coil their said
Amazement [Amusement] of her story (and) asking only
Interest could be laid upon the children
Of her domain.


1. Wort-Ebene

[Im folgenden wird auch der zusätzliche / andere Text aus dem Booklet hinzugezogen, um ggf. so weitere Hinweise zum Textsinn zu erhalten.]
Thru the duty: Aufgrund ihrer Pflicht / ihrer Aufgabe / ihres Auftrags.
coil: Allerlei, was mit aufwickeln oder aufspulen zu tun hat.
said (amazement): Besagt, genannt; erweitert: was zuvor gesagt, besprochen oder abgemacht wurde.
amazement: Von Staunen / Verblüffung bis zum (Er)Schrecken.
amusement: Unterhaltung, Vergnügung, Spaß, Belustigung.
asking: Neben fragen / erkundigen auch bitten, einladen, auffordern.
interest: Interesse, Bedeutung, Aufmerksamkeit; als term. techn. in der Betriebswirtschaft auch Beteiligung, Zinsen.
laid upon: Kenne ich nicht in dieser Kombination, dürfte aber über das Verb "to lie" = liegen, legen den Begriff "auferlegt" meinen.

2. Vers-Ebene

Thru the duty: Anstelle des "Sie würde nun ... tun" hat der Booklet-Text "Und es wäre nun ihre Pflicht, ... zu tun".
coil - lace: Letztlich geht es darum, ihre Verstrickung / Fesselung wieder aufzulösen bzw. die abgewickelte / verwickelte Schnur wieder aufzuwickeln. Diese Metapher ist im Deutschen nicht gebräuchlich und kann daher kaum wörtlich übersetzt werden.
said verweist wie schon oben geschrieben auf Kamalas Zustand im vorherigen Vers.
amusement im Booklet passt allerdings nicht zum saidly looking usw. des vorherigen Verses.
amazement: Ob es hier eher nur um ein Staunen über ihr Vestricktsein in dieser (Liebes-)Geschichte geht oder ob Kamala darüber erschrocken ist, würde ich offen lassen.
asking only: Das only beinhaltet eine gewisse Demut, für mich daher also eher "sie bittet nur darum" als "sie fordert nur dazu auf".
interest: Schwierig! Etwas soll ihren "Kindern" (nicht individuell, da Kamala nur ein Kind hatte), also Nachfahren oder Nachfolgern auf diesem Gebiet auferlegt werden. "Beteiligung" passt eher nicht, da hierfür "an was" beteiligt fehlt. "Zinsen", evtl. als Folgen wäre weit hergeholt. Daher eher "Aufmerksamkeit". Dies passt zum Beginn der folgenden allgemeinen Betrachtung (Two million people usw.) - also: Sie bittet nur darum, dass ihren Nachfolgern die (Pflicht zur) Aufmerksamkeit / Achtsamkeit auferlegt wird.


Two million people barely satisfy
Two hundred women watch one woman cry
Too late.
The eyes of honesty can achieve
How many millions do we deceive
Each day?

1. Wort-Ebene

barely: Kaum, nicht ganz.
satisfy: Schwierig, benötigt ein Objekt (200 women?), dann möglich bei Personen: jmd. befriedigen / zufriedenstellen, jmd. Genüge tun, jmd. überzeugen, evtl. auch: etwas entsprechen, etwas gerecht werden.
honesty: Ehre, auch Ehrlichkeit i.S.v. Rechtschaffenheit oder Aufrichtigkeit.
achieve (vgl. oben): Ohne Objekt = ausführen / leisten bis hin zu fertig bringen / erfolgreich sein.
deceive (vgl. oben): Betrügen, irreführen, täuschen.

2. Vers-Ebene

barely satisfy: Die Zahlenfolge "2 Millionen - 200 - 1" lässt auf einen Verhältnis-Zusammenhang schließen. Ich würde dazu dann satisfy im Sinn von "entsprechen / genügen" übersetzen und käme damit letztlich zu "Auf zwei Millionen Menschen kommen kaum einmal zweihundert Frauen, die gerade einmal eine einzige Frau ...".
too late: Die letzten zwei Worte der folgenden Verse tragen jeweils eine verstärkende Bedeutung. Für die Übertragung würde ich diese Worte dennoch - wenn auch verstärkt - in den üblichen Satzbau einfügen: "... die dazu auch noch viel zu spät / allzu spät eine einzige Frau weinen sehen."

eyes of honesty: In unserem Sprachgebrauch am ehesten "aufrichtige Augen".
can achieve: In diesem Sinne dann erfolgreich sein. Da es um das Thema Liebe geht, ist die Aussage naheliegend ...
do we deceive: Auch bei Kamala geht es um (Ent)täuschung und Irreführung, hinzu kommt, dass "to do + Verb" oftmals eine Absicht beinhaltet. Damit würden wir mit unseren aufrichtigen Augen enttäuschen oder irreführen.
each day: Wieder hervorgehoben = nicht nur einmal im Leben, sondern täglich. Zumindest in übertragenem Sinne als sehr häufig.


In charge of who is there in charge of me
Do I look on blindly and say I see
The way?
The truth is written all along the page
How old will I be before I come of age
For you?


1. Wort-Ebene

in charge of: Mit Akk. = für etwas verantwortlich sein; mit Dat. = mit der Leitung von etwas betraut sein.
who is there: Feststehender Begriff = wen es auch immer gibt, wer es auch immer sein mag.
look on: Zuschauen bis hin zu gaffen.
blindly: Nicht nur blind, sondern eher noch blindlings = ohne tatsächlich hinzusehen.
all along: Feststehender Begriff = ständig, andauernd, die ganze Zeit über.
page: (Papier)Blatt, Buchseite; auch bildlich und prosaisch für ein ganzes Buch.
come of age: Feststehender Begriff = erwachsen / volljährig / mündig werden.

2. Vers-Ebene

who is there - me: Wieder entsprechend dem o.g. Zahlen-Verhältnis: Egal ob es wen auch immer = alle oder nur mich betrifft.
look on blindly: Hinsehen, obgleich man blind ist - dies wäre ein Widerspruch. Daher: Zusehen, ohne tatsächlich hinzusehen.
I see the way: Nimmt look on und blindly auf = ... und behaupte gleichzeitig, den Weg zu sehen.
the way: Wieder verstärkt, daher den einen oder richtigen Weg.

the page: Hier nicht die Seite, sondern (vgl. auch all along) übertragen auf das ganze Buch. Ist damit das Buch "Siddhartha" oder das "Buch des Lebens" gemeint [der gleichnamige Song "Page of Life" passt hier nicht, da dort nur eine Seite des Lebensbuches umgeschlagen wird ...]?
all along: Entsprechend wären möglich a) ständig oder immer wieder aufs neue b) als Fazit bei einem Blick auf das gesamte Buch des Lebens.
How old will I be: Primär " Wie alt werde ich sein, bis ich (endlich)", meint aber "Wie alt muss ich (denn noch) werden, bis ich (endlich)" ...
come of age for ... : ... erwachsen genug / mündig genug bin für ...
you: ... "Dich". Über die Bedeutung(en) des You bei YES und speziell Anderson könnte man ein ganzes Buch schreiben: Vom (geliebten) Du als Partnerin über die Wahrheit, die Liebe, die Welt, Gott, die göttliche Mutter, Mutter Erde, ... Im konkreten Fall sehe ich die Möglichkeiten a) mit Wortbezug im Vers = die Wahrheit b) mit Bezug auf diese Verse = die Liebe c) mit Bezug auf eine konkrete Person = die Liebespartnerin.
[Ich verkneife mir hier die P.C.-Darstellung. Ich bin männlich, daher Gegenüber = Partnerin. Darf jeder gendermässig das Seine / Ihre ;-) eintragen. YES-Fans sind eh das Übertragen gewohnt.]


3. Part-Ebene

3.1. Die Geschichte von Kamala

Da der Text an sich schwierig ist, für das folgende erst einmal die komplette Übersetzung:
Du siehst deutlich die traurig blickende Dame, verstrickt in ihrer Unschuld,
wie sie sagt, dass sie jetzt selbst die Verantwortung dafür tragen muss,
dass sie zum Opfer ihres eigenen Gebiets wurde.
Sie würde nun (zwar) ihr Erschrecken über diese genannte Verstrickung verarbeiten,
bittet jedoch nur darum, dass ihren Nachfolgern auferlegt werde, auf diesem Gebiet (besonders) achtsam zu sein.


Kamala hat bei Siddhartha die "Kunden-Ebene" verlassen, das ursprünglich geforderte Geld spielt keine Rolle mehr. Auch wenn beide laut eigener Erkenntnis nicht wirklich lieben können, haben sie im Buch doch eine (hm, intellektuell und mental) sehr positiv geschilderte Beziehung. Dann geht der Mann sozusagen morgens aus dem Haus, kehrt nie wieder, die Frau sitzt schwanger da. Und obgleich sie ein Ende ahnte, versteht sie die Welt nicht mehr. Sie ist das Opfer, geopfert der Suche nach Weisheit. Sie fühlt sich unschuldig (hier das white lace), verstrickt oder gebunden in einer Geschichte, die sich ausgerechnet auf ihrem ureigensten Gebiet der Liebe abspielt. "Lehre mich die Liebe" hatte Siddhartha am Anfang gebeten, und sie hatte im zugesichert, dies in allen Bereichen und in allen Varianten zu tun.
Als nüchterne und pragmatische Frau hat Kamala dies verarbeitet, ihren Beruf aufgegeben, das Kind aufgezogen. Aber aufgrund ihrer Erfahrungen bittet sie darum, dass alle, die sich auf das Gebiet der Liebe begeben, besonders achtsam sind.

3.2. Die allgemeine Beziehungs-Ebene

Hier werden die Erfahrungen der Kamala-Geschichte verallgemeinert. Nach der Betrachtung des "Ich" im vorherigen Part folgt nun das "Du" bzw. das Thema Beziehungen.
Die Grundaussage wird hier neun Mal wiederholt: I get up, I get down - diese Erfahrung auf Beziehungsebene muss wohl nicht erläutert werden. ;-)

Die von Kamala erbetene Achtsamkeit scheint nicht sehr beherzigt zu werden: Unter zwei Millionen Menschen sind es gerade einmal zweihundert Frauen, denen bewusst auffällt, dass und warum eine Frau weint. Und wenn eine Frau weint, ist es meistens zu spät.
Am Anfang stehen die aufrichtigen Augen, das Symbol für alles, was in einer Vertrauensbeziehung vorhanden sein muss. Und dennoch liegt in (fast) jeder Beziehung, egal mit wie viel Aufrichtigkeit sie beginnt, auch schon der Same für eine Routine, Änderung der Partner oder Prioritäten, Änderungen und und und ... Von daher werden wir in Beziehungen (fast) immer enttäuscht werden, aber auch enttäuschen - und täuschen! Denn seien wir ehrlich: Bei der Suche nach einer Neuen oder dem Werben um das Objekt unserer Liebe oder Begierde sind wir bei der Wahl unserer Hilfsmittel nicht sehr wählerisch. Gerade die eyes of honesty sind sehr hilfreich. ;-) Aber eben diese düstere Seite der eigentlich schönsten Sache der Welt - zu lieben und geliebt zu werden - ist nicht ein tragischer Einzelfall, sondern geschieht "each day".
[Das (fast) in Klammern ist eine bewusste Einschränkung. Für all jene (wenige?), die seit Jahren täglich sagen können, dass man(n) die Traumfrau gefunden hat und von dieser dasselbe über den Traummann hört. Da ich mich zu jener Gruppe zählen darf, soll dies hiermit eine kleine Widmung sein ...]

"In charge of" meint Verantwortung, ein Stück weit Lenkung, den Weg weisen. Und nun egal, ob ich für mich selbst oder für andere der Wegweiser / Führer / (Fährmann?) sein soll: Wie sieht die Realität aus? Sehe ich zu, ohne tatsächlich genau hinzusehen? Wenn dem so ist, warum - aus Unachtsamkeit, aus Gleichgültigkeit, oder weil ich die bittere Realität nicht ertragen kann? Und ertappe ich mich nicht selbst immer wieder dabei, trotz dessen zu behaupten, ich würde den Weg kennen? Oder diffiziler den Weg, der zum Weg führt? Meditiert - und ihr werdet den Weg zur Weisheit und zum Ende des Leides finden ... ich muss mich hier nur an die eigene Nase fassen. ;-)
Denn nächster Satz: Ist man bei der Meditation mal beim Thema Beziehung und Mitmenschen gelandet, flattern einem genau all diese Fragen (und noch etliche mehr) durch den Kopf. Diese Fragen, die oft ausbleibenden Antworten und den Sinn dahinter auszuhalten bzw. stehen zu lassen, ist Sinn der Übung.
Mag man(n) auch seine Traumfrau gefunden haben, so ist man doch auch in anderen Beziehungen gefordert. Zu Eltern, Kindern, Verwandten, Freunden. Auch hier geht es um eine Art "Liebe". Oder man ist gefordert, weil man offenes Ohr, Schulter, Ratschläge, Seelsorge, Therapie für andere bietet. Und wir erkennen: Die (traurige) Wahrheit ist ständig und über alle Zeiten hinweg ins Buch des Lebens und der Menschheit geschrieben. Und ich weiß ehrlich gesagt auf die meisten Fragen keine (guten) Antworten. Ich habe durchaus das Gefühl, dass ich mit fortschreitendem Alter manches besser überblicke, vielleicht sogar ansatzweise weise werde - aber wie alt müsste ich wohl werden, um wirklich vernünftig mit der Liebe und dieser Wahrheit (und damit auch mit meinen Mitmenschen) umgehen zu können?

Und letztlich steht hinter und über all diesen Erfahrungen und Fragen die Überschrift dieses Parts: I get up, I get down ...
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Beside
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Re: Close to the Edge - Versuch einer Interpretation

Beitrag von Beside »

Teil E: Seasons of Man

The time between the notes relates the colour to the scenes,
A constant vogue of triumphs dislocate man so it seems,
And space between the focus shape ascend knowledge of love
As song and chance develop time lost social temperance rules above
Aah, aah.


1. Wort-Ebene

notes: Vielfältiger Begriff! Notizen, Anmerkungen, Mitteilungen, Erklärungen; häufig auch übertragen: Kenntnisnahme, Erfahrungen (z.B. to compare notes = Erfahrungen austauschen).
relates: Zuordnen, sich beziehen auf, entsprechen, mit etwas zusammenhängen, etwas verstehen (als).
scenes: Als Plural term. techn. in der Kunst = Szenen, Kulissen.
vogue: Beliebtheit, Mode(trend), Popularität; mit dem allgemeinen Begriffs-Hintergrund = beliebt sein.
dislocate: Verschieben, versetzen; häufig übertragen = etwas durcheinanderbringen.
focus: Blickpunkt, Brennpunkt, Mittelpunkt.
shape: Verb: etwas entwerfen, formen, gestalten; Substantiv = Form, Ausprägung, Gebilde, Gestalt.
ascend: ansteigen, aufsteigen; mit einem Ziel = hinaufsteigen, hinaufführen; umgangssprachlich auch sexuell (jmd. besteigen).
song: Primär Lied, Gesang; abwertend für Kleinigkeit, Spottpreis.
chance: Chance, Gelegenheit, Möglichkeit, Wahrscheinlichkeit.
develop: Verbindet die Komponenten "heraus" und "bilden / gestalten"; d.h. herausbilden, sich entfalten; dann übertragen auch: etwas fördern.
time lost: Feststehender Begriff = Lebenszeitverlust.
temperance: Von Mäßigung bis Abstinenz.
rules above: Über etwas herrschen.

2. Vers-Ebene

relates ... to: Es handelt sich um einen Vergleich. Zeit und Erfahrungen versus Farbe und Kulissen.
vogue of triumphs: Die Beliebtheit von Triumphen.
so it seems: Müsste an den Satzanfang = Es scheint so zu sein, dass ...
the focus shape: Wäre shape Prädikat zum Subjekt space, müsste es in der Folge ascending heißen. Also ist focus Adjektiv zu space. Nachvollziehbar ...? ;-)
ascend: Die Zeilen davor und danach sind negativ geprägt - wie passt hierzu ein "Hinaufführen / Hinaufsteigen" zur Erkenntnis der Liebe, noch dazu über eine Leere? Wenn ascend jedoch vulgär und abwertend "besteigen" (bis hin zu vergewaltigen) meint, passt der Tenor dieser Zeile wieder in den Kontext.


Then according to the man who showed his outstretched arm to space,
He turned around and pointed revealing all the Human race,
I shook my head and smiled a whisper knowing all about the place.
On the hill we viewed the silence of the valley
Called to witness cycles only of the past.
And we reach all this with movements in between the said remark.


1. Wort-Ebene

according to: In Abhängigkeit, Anlehnung, Übereinstimmung zu; als Partizip = entsprechend / gemäß dem ...
space: Hier Weltall, Universum.
revealing: Etwas aufdecken, enthüllen, tiefer blicken i.S.v. aufschlussreich, enthüllend.
called to witness: Term. techn. jur. einen Zeugen aufrufen; hier = als Zeugen aufgerufen sein.
cycles: Plural = Schwingungen, Frequenz, Takt (zeitlich).
movements: Bewegungen.
in between: Dazwischen, zwischendurch.
remark: Hinweise, Anmerkungen, Bemerkungen.

2. Vers-Ebene

Für mich schwierig ist hier das "shook my head" - auf der gleichen Zeitstufe (Vergangenheit) wie das "according to the man". Also nicht: Früher hingen wir an, danach aber erkannte ich etwas Neues. Sondern eher: In Anlehnung an the man, der dies tat, schüttelte ich meinen Kopf. Also kein Widerspruch, sondern die Konsequenz / Folge von dessen Deutung?
pointed revealing all: Wichtig ist das "all" - der Mann zeigt nicht nur "at" = auf die Menschheit, sondern er enthüllt uns die ganze Menschheit. Verbunden mit "race" ist also die ganze Art bzw. das ganze Wesen der Menschheit gemeint.
Smiled an whisper: Würde man im Deutschen am besten mit "leisem Lächeln" oder "sanftem Lächeln" wiedergeben. So auch oft bei Siddhartha (wobei dessen Lächeln oft noch eine leicht spöttische Komponente hatte ...).
the place: Drei Möglichkeiten a) The man zeigt zuerst auf das Weltall, dann auf die menschliche Rasse - ist dies der Ort? b) Oder bezieht es sich auf die vielen Ortsbezeichnungen (close to the edge, ...), die doch nur eine Stelle bezeichnen = unten am Fluss? c) Oder ist letztlich im übertragenen Sinne mit diesem Ort die gesamte Erkenntnis dieser Lehre gemeint?

Viewed the silence: Bis zu dieser Beschäftigung mit dem Text hörte ich immer automatisch "we heared" - aber offensichtlich sieht man die Stille.
Paradox: I get up, I get down ... unter up verstehe ich die guten Zeiten, mit down verbinde ich eher die schlechten Zeiten. Nun ist es jedoch im Tal still (verbinde ich mit angenehm), auf dem Berg dagegen scheint es laut zu sein (wuthering hights ...). Ja was denn nun? ;-) Denkbar wäre auch, dass ich in der Rückschau (vgl. unten) auch die positiven und angenehmen Seiten der Lebens-Täler sehe. Oder dass es damals in der Tiefe sehr still zuging - und still damit negativ belegt wäre.
only of the past: Ich verstehe die Schwingungen des Lebens, aber "only" jene der Vergangenheit. Offensichtlich benötigt man den Berg, um erst in der Rückschau zu verstehen.
reach all this: Bezieht sich auf den Berg, die Sicht des Tales, das Bezeugen der Schwingungen.
the said remark: Wörtlich der schon genannte Hinweis (Singular), übertragen = dem bisher Gesagten, Bemerkten, Festgestellten.
movements in between: Das bisher Gesagte lässt sich letztlich im häufig wiederholten "I get up, I get down" zusammenfassen. Dazwischen bewegen wir uns.


Close to the edge, down by the river.
Down at the end, round by the corner.
Seasons will pass you by
Now that it's all over and done
Called to the seed, right to the sun
Now that you find now that you're whole
Seasons will pass you by.
I get up. I get down.
I get up. I get down.
I get up. I get down.


1. Wort-Ebene

[Text und Inhalt des Refrains wurden im wesentlichen schon zuvor besprochen, neu ist lediglich eine Zeile:]
called to: Aufgerufen, berufen.
seed: Keim, Saatkorn.
right to: Anspruch / Anrecht auf.

2. Vers-Ebene

Called to the seed: Meint nicht aufgerufen zur Saat i.S.v. Aussaat, denn dieser Begriff wäre "sowing". Sondern wir sind zum Saatkorn berufen. Dies passt auch zum folgenden "mit einem Anrecht auf die Sonne bzw. den Sonnenschein".

3. Part-Ebene

Es beginnt mit einer lapidaren Betrachtung über das Wesen der Menschheit. Wir haben es ja mit unterschiedlichen seasons zu tun, up and down. Die Zeiten zwischen unseren Erfahrungen entsprechen den Farben der Kulisse unseres Lebens- oder Weltentheaters. Diese wechseln bzw. müssen gewechselt werden. Da der Mensch aber durch seinen Wunsch nach ständigen Triumphen durcheinander gebracht wird, kann er diese Zeiten der Leere zwischen den sich neu oder anders herausbildenden Formen nicht mehr sinnvoll nutzen. Und die sich eigentlich durch das Aushaltenden und Verstehen dieser Wechsel herausbildende Kenntnis der wahren Liebe wird durch die ununterbrochene Jagd nach immer neuen Highlights eben nicht vergrößert, sondern schlichtweg vergewaltigt. Und so dominieren das Aufgreifen jeder sich bietenden Gelegenheit, idealerweise noch zum Spottpreis erworben, unsere verlorene Lebenszeit -die daher auch von sozialer Enthaltsamkeit geprägt ist. Diese schlimme Erkenntnis führt zum leidenden "Aah, aah" am Ende des Verses (und nimmt damit denselben Ruf im Verlauf des musikalischen Prologs wieder auf).

Wer ist "the man" - ein Religionsgründer? Christus kann es m.E. nicht sein, denn: a) Es gibt zwar die Allegorie, dass der gekreuzigte Christus mit den Händen zum Himmel und den Beinen zur Erde zeigt und damit beide verbindet, aber (man verzeihe mir diese etwas morbide Aussage), ein Gekreuzigter kann nicht mit einem Arm zunächst zum Himmel und dann herunter auf die Menschheit zeigen, b) Christus verweist auf Gott, the man aber auf das Weltall bzw. das Universum. Weiter im Vers / Bild deutet the man vom Weltall = allem Seienden aufschlussreich oder enthüllend auf die Menschheit: Auch diese ist Teil des Ganzen. Daher kann the man besser auf Buddha, Siddhartha, Fährmann bezogen werden, die letztlich die Einheit alles Seienden erfahren oder lehren.
I shook my head würde ich aus genannten Gründen nicht als Widerspruch sehen, eher als staunendes (bei mir manchmal auch: fassungsloses) Kopfschütteln. Dem folgt jedoch immer ein sanftes Lächeln, letztlich die einzig mögliche Reaktion, wenn man diese Einheit alles Seienden, die Auflösung von up and down, das Ende alles Getrennt- oder Zersplittertseins erfahren kann.

Denn nun folgt (musikalisch wunderschön in Dur und in der ursprünglichen Aufnahme mit Hall und Chorus-Effekten unterlegt) die Erkenntnis: Sehen wir jetzt auf dem Berg (und eben nicht mehr unten am Fluss ...) auf unsere vergangenen Zeiten zurück, so sehen wir auch in den Tälern kein Aufgewühltsein mehr, kein Hadern, kein Verzweifeln, sondern eine tiefe Ruhe. Wir können nun bezeugen, dass es einfach (nur) Schwingungen in unserem Leben waren.
Nächste Erkenntnis: All dies können wir nicht er-lernen (Siddhartha im Gespräch mit Gotama!), sondern wir erreichen es nur durchs er-leben, indem wir uns selbst durch all diese im Lied beschriebenen Erfahrungen "hindurch-leben".

Der letztmals folgende Refrain wird um eine Zeile ergänzt: Wir sind nun ein Saatkorn, aufgerufen, auszutreiben, zu wachsen, später einmal - not right away! ;-) - Frucht zu bringen. Und für diese Berufung haben wir alles erhalten, was dafür notwendig ist: Das Anrecht bzw. die Gabe der Sonne, Licht, Wärme, Leben.


[Es gibt sicherlich viele Beispiele für diese seasons oder cycles im Leben. Ich möchte abschließend ein persönliches, aber m.E. aufschlussreiches Beispiel bringen: Früher waren Gesundheit / Krankheit bzw. Leben / Tod integrale Bestandteile des Lebens. Die Hälfte der Kinder starb vor der Zeit. Wurde man alt oder krank, musste man dies mangels Therapiemöglichkeiten (oder Geld) hinnehmen. Konnte Opa im Alter aufgrund kaputter Hüfte nicht mehr laufen, wurde er tagsüber aufs Bänkchen vor dem Haus gesetzt. Er konnte nachdenken, die Welt betrachten, Anlaufstelle für die Jüngeren (Fragenden ...) oder auch nur Unterhalter oder Tröster für uns Kinder sein. Aber es war trotz seines natürlich wahrgenommenen Leidens "mental" oder "philosophisch" für ihn und uns o.k. so. Gesundheit und Krankheit waren eben Schwingungen im Leben.
Heute herrscht die Vorstellung, dass völlige Gesundheit - sozusagen 100% - der Normalzustand sind. Fällt der Wert darunter, geht man zum Arzt oder ins Krankenhaus und erwartet danach, dass man wieder mit den vollen 100% zurückkommt. Nicht mehr Mensch, sondern wie ein Auto, das man in die Werkstatt bringt - damit nachher aber auch wirklich alles wieder funktioniert.
Damit aber wird Krankheit als unheilvolle Abweichung definiert und wird müssen alles tun, um den "Besitz" unserer Gesundheit zu erhalten. Und wir leiden in Zeiten, in denen wir diesen Besitz verloren haben.

Weiter: Daraus resultiert oftmals die Frage "Warum gerade ich?" Diese Frage wäre obsolet, würde man verstehen, dass es alle zu allen Zeiten betrifft. So aber fühlt man sich als Ausnahme. Und nimmt sich damit die Möglichkeit, sich verbunden oder eins zu fühlen mit den anderen Menschen, auch gerade jenen, die ebenso im "down" sind. Man ist getrennt von den anderen, von der Welt, vom Schicksal. Gibt es für den Menschen als soziales Beziehungswesen letztlich Schlimmeres als diese Erfahrung?

All dies und noch vieles mehr wäre nicht notwendig, würden wir mit auf die CTTE-Reise gehen ...]
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Beside
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Re: Close to the Edge - Versuch einer Interpretation

Beitrag von Beside »

Teil F: Fazit

Ich wollte mich hier nicht auf mein Bauchgefühl beim Hören des Liedes verlassen, sondern den Text genau philologisch untersuchen. Nicht, um die bisherigen Interpretationen einzuschränken oder zu widerlegen, sondern um mögliche weitere und neue Deutungen zu entdecken.

Erkenntnisse:
1. Nimmt man umgangssprachliche Begriffe, Fachbegriffe, Redewendungen hinzu und achtet auf Zusammenhänge und Verweise im Gesamttext, erhält der primär teils kryptische Text eine durchaus verständliche Sprache.
2. Das gesamte Epos folgt einem roten Faden: Auf die Beschreibung der unschönen Ausgangssituation folgt eine Gebrauchsanweisung, mit der man "hinunter an den Fluss", also an den Ort der Erkenntnis finden kann. Darauf folgen unter dem Oberthema Liebe Betrachtungen über das Ich, das Du, die Menschheit im gesamten. Am Ende steht ein Fazit als mögliche Lösung zu den anfangs genannten Problemen.
3. Nimmt man zu den o.g. Betrachtungen noch die Liebe zu Weisheit, Geld und Kind(ern) hinzu, ergibt dies den wesentlichen Themenumfang des Buches Siddhartha. Was nur knapp und ohne Erläuterung vom Buch übernommen wurde, ist die Einsicht, dass letztlich das Aufgeben der "weltlichen" Liebe dadurch entsteht, dass hinter dem Auf und Ab des Lebens die alles umfassende Einheit steht.

Alles in allem zeigt sich, dass der Text ebenso sorgfältig gegliedert und durchkomponiert ist, wie dies schon längers für die Musik untersucht und belegt wurde. Existentielle (weniger: philosophische) Fragen des Menschen werden prägnant und mit vielen Verweisen, Metaphern und anderen Stilmitteln auf den Punkt gebracht, ohne dass dabei jemals der Eindruck entsteht, Form und Inhalt des Textes wären mit Gewalt an Melodie oder Zeilenmaß angepasst worden. Schlichtweg: Ein Meisterwerk.
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Beside
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Re: Close to the Edge - Versuch einer Interpretation

Beitrag von Beside »

Teil G: Epilog ... ich hab während der (freien ...) Ostertage sozusagen den ganzen Rest in einer Großaktion fertiggestellt. Auch nachts, unter Einsatz von legalen Drogen wie Nikotin, Kaffee, Wein.
Also: "Einfache" Fehler sind vermutlich sowieso eine Menge drin. Und falls ich zwischendurch zu unverständlich, wirr, expandierend, pastoral, ... geworden bin, so schiebt das bitte einfach auf die Umstände.
Ich geh jetzt erstmal ins Bett. Irgendwann les ich alles noch mal Korrektur.
Und dann versuch ich mich an Awaken - Pfingsten ist ja nicht so weit weg ... ;-)

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Re: Close to the Edge - Versuch einer Interpretation

Beitrag von Aprilforst »

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Ein Riesenkniefall vor Dir und Deiner Leistung, Prof. Beside! (Eine einfache Verbeugung ist m. E. zu schäbig.) Bisher konnte ich noch gar nicht den ganzen Rest lesen, weil mir die Ruhe dazu gerade fehlt, aber es macht unwahrscheinlich Spaß, Deine Gedanken mit- und nachzuverfolgen. Erstaunlich, was aus dem Text heraus zu holen ist, wenn man sich auf ihn einlässt. Danke noch mal. Ich freue mich auf "Awaken".
Bild

Gerade las ich in einer Hesse-Biographie das Zitat: "Die Musik beruht auf der Harmonie zwischen Himmel und Erde, auf der Übereinstimmung des Trüben und des Lichten." Ich konnte gar nicht anders, als dabei an "I get up I get down" denken. Up and down - Himmel und Erde...
Die Musik beruht auf der Harmonie zwischen Himmel und Erde, auf der Übereinstimmung des Trüben und des Lichten. Hermann Hesse.
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Beside
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Re: Close to the Edge - Versuch einer Interpretation

Beitrag von Beside »

Also zunächst mal bedanke ich mich ganz artig fürs Kompliment. Da kann man noch so stolz auf die eigene Leistung sein, aber so ein Kompliment wirkt doch viel mehr und zaubert ein Lächeln aufs Gesicht.

Hihi, Prof. Beside ist gut, war der Prof. doch am Ende der etwas plüschig geratenen Beiträge tatsächlich "beside" von sich ;-)
Da muss ich aber gleich nochmal auf meine Übersetzung eben des Liedes "Beside" verweisen. So im Nachhinein betrachtet ist es schon fast ein CTTE-Exzerpt.

Und Hesse: Fans unter sich, hm? Welch ein Leben, welche Texte. Dieser besondere und doch oftmals auch so arme Kerl hat die Höhen und Tiefen wirklich ausgelotet. Würde er noch leben, tät ich sogar zu Fuß hinmarschieren, um mich mal mit ihm zu unterhalten. ;-)

Aprilforst
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Re: Close to the Edge - Versuch einer Interpretation

Beitrag von Aprilforst »

Beside hat geschrieben:Und Hesse: Fans unter sich, hm? Welch ein Leben, welche Texte. Dieser besondere und doch oftmals auch so arme Kerl hat die Höhen und Tiefen wirklich ausgelotet. Würde er noch leben, tät ich sogar zu Fuß hinmarschieren, um mich mal mit ihm zu unterhalten. ;-)
Ich glaube, der war bis zum 20. Lebensjahr noch schlimmer als ich. Seine Eltern überlegten ernsthaft, ihn in ein Heim zu geben, weil er einfach zu ungezogen war. So weit wollten meine Eltern denn doch nicht gehen.
Jedenfalls haben sie es mir nie angedroht.
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