[REVIEW] Rick Wakeman - Out There (2003)

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MARLEON
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[REVIEW] Rick Wakeman - Out There (2003)

Beitrag von MARLEON »

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Rick Wakeman – Out There

1. Februar 2003: Das Space-Shuttle Columbia STS-107 tauchte nach erfolgreicher Mission gegen 14:00 Uhr Ortszeit in die Atmosphäre ein. Dabei löste sich ein Stück Isolierschaum und durchschlug den linken Flügel. Heiße Plasmagase drangen in das Shuttle und ließen es auseinander brechen.

Rick Wakeman widmete dieses 2003 erschienene Album den Astronautinnen und Astronauten, die bei diesem Unfall ihr Leben ließen. Jedoch – die Arbeiten an „Out There“ begannen viel früher, nämlich im Frühjahr 1997. Ricks Ambitionen ließen erahnen, dass es sich um ein kostspieliges Projekt handeln werde, aber hat Geld ihn je davon abgehalten, seine Träume zu verwirklichen?
Nicht nur das Geld fehlte zunächst, sondern auch die perfekten Musiker. Daher legte Rick das Projekt 1998 erst einmal zur Seite, um sich noch einmal zum Mittelpunkt der Erde aufzumachen. Das Resultat „Return to the Centre of the Earth” wurde 1999 veröffentlicht. Im selben Jahr fand sich das „New English Rock Ensemble“ zusammen, und die ersten Probeaufnahmen verliefen viel versprechend. Rick war jedoch mit seinen Vorarbeiten nicht mehr zufrieden und schrieb einen großen Teil der Musik um, bzw. noch einmal neu. Erst Mitte 2002 begannen die eigentlichen Aufnahmen des vorliegenden Albums.

Zu den Texten schrieb Rick, dass er zuerst visuelle Vorstellungen der Inhalte hatte, die sich bis zur Fertigstellung auch nicht mehr änderten. Zu diesen Bildern schrieb er innerhalb von zwei Wochen die Texte. Es geht um die Ursprünge von Musik überhaupt, woher und wie sie zu uns kommt. Die Antwort, so Rick, liege da draußen – Out There – im Universum. Wakeman bekennt sich im Booklet als einen „überzeugten Christen“ und hält Musik für etwas Göttliches. Er sieht die CD als Fortführung seines 1976 erschienenen Albums „No Earthly Connection“, zu dem er bereits ähnliche Gedanken hegte.

[Aus dem Booklet erfährt man nebenbei, dass die Musik von "Journey to the Centre of the Earth" zwischen dem 11. und 22. Februar 2000 an Bord des Space Shuttle Endeavour STS-99 ins All getragen wurde.]

Line-up:
The English Rock Ensemble
Rick Wakeman ……… Keyboards
Tony Fernandez ……. Electronic and Acoustic Drums and Percussion
Ant Glynne …………… Electric Guitars
Damian Wilson …….. Vocals
Lee Pomeroy ……….. Basses
Fraser Thorneycroft-Smith… Additioonal solo Guitar in The Mission and Acoustic Guitar on Out There
The English Chamber Choir – Cond. Guy Protheroe

BildDas Cover und das Design des Booklets stammt von der italienischen Künstlerin Alina Bencini,
die bereits das Cover für das Album „Hummingbird“ von Rick Wakeman und Dave Cousins gestaltet hatte. Bild




Die Musik

1. Out There
Es beginnt mit sphärischen Klängen, als würden musikalisch Fragezeichen in die Luft geworfen werden. (Is there anybody) Out there? Die Leere, die Verlassenheit, die diesen Tönen entströmt, wird aufgehoben durch ein kraftvolles Orgelintro, das in eine Hymne einmündet. Wakeman fordert auf, „da draußen“ auf die Suche nach einer Antwort zu gehen. Je älter du wirst, um so schwerer wird dein Körper – aber deine Seele bleibt leicht wie die Musik.
Das Synthi-dominierte Stück bekommt einen weiteren Drive durch ein Gitarrensolo. Jedoch erst nach über sieben Minuten.
Und dann geht die Post ab, mit einer Leichtigkeit, die nur Ricks Finger auf die Tasten bringen und die durch die Gitarrenriffs untermalt wird. Wenn der Sänger wieder einsetzt, wird er unterstützt durch einen Chor, der unmöglich nur aus dem English Chamber Choir bestehen kann. (Oder doch?) Kraftvoll und klar zugleich. Dieser Gesangspart, der von der universellen Kraft der Musik handelt, weist uns noch einmal darauf hin: „The answer is out there“. Das Ende des Songs ist dann reine (musikalische) Energie.


2. The Mission
Es klingt zunächst nach Filmmusik, allerdings lassen die harten Drum-Fills schon auf einen eher rockigen Song schließen. Die Gitarre macht in der Ferne schon auf sich aufmerksam. In Strophenform unterbrochen von kurzen instrumentalen Zwischenspielen verläuft die Mission mit treibendem Melodieverlauf größtenteils eher gleichförmig.

Auffallend sind in diesem Lied lediglich zwei Gitarrensoli von Glynne, die sehr zerstückelt klingen und einen interessanten Kontrast zu der sphärischen Hintergrundmusik geben. Abgesehen von Glynne soliert auch Wakeman höchstpersönlich am Keyboard. Letztendlich lässt sich der Song jedoch auf sein musikalisches Thema reduzieren und ist nicht weiter auffällig.


3. To Be With You
Dieser Titel kommt langsam und verhalten im ruhigen 4/4-Takt daher. Das klingt ganz erholsam nach den beiden eher opulenten vorigen Titeln. Man kann es nicht anders sagen: dieser Song hat keine Höhepunkte, sondern fließt in der immer gleichen Tonart dahin. Es lohnt sich, im zweiten Teil der Linie von Ricks-E-Piano Aufmerksamkeit zu schenken, das die Töne sternschnuppengleich in diesen Tonstrom entsendet.


4. Universe of Sound
Mit hoher Geschwindigkeit geht die Reise weiter. Das Klanguniversum erstreckt sich von der schnellen Einleitung, über die schnellen Strophen, trägere (keinesfalls negativ gemeint) Zwischenteile bis hin zu vom sonstigen Thema abweichenden Solo-Passagen, die dem Album eine gewisse Auflockerung verschaffen. Das Gitarren-Keyboard-Duell gegen Ende des Songs ist allemal hörenswert und macht einfach Spaß. An dieser Stelle sei auch Sänger Wilson gelobt, der nicht in hohen und tiefen Bereichen sehr kraftvoll singt, sondern auch ein unheimlich gutes Rhythmusgefühl hat und mit seiner Stimme auch grooven kann.

Mich erinnert Universe of Sound an The Mission, obwohl sich die beiden Songs durchaus unterscheiden. Beide drohen in die Gleichförmigkeit und ins Nichtssagende abzurutschen, was bei The Mission auch leider der Fall ist. Dieser Song jedoch belohnt den Hörer mit feinster Musik wie man sie bei den Albuminterpreten auch erwartet.

5. Music of Love
Hier greift Wakeman wieder in die Vollen. Und seine „Begleit“musiker geben alles. Drums, Bass, Rhythmusgitarre und ein hoch ambitionierter Sänger werden auf die Hörer losgelassen. (Manchmal entsteht der Eindruck – vor allem durch Wilsons Stimme – hier hätte man es mit Led Zeppelin zu tun.) Im Mittelteil rocken Gitarre und Keyboards um die Wette, nehmen die Linien des anderen auf und führen sie weiter. Da klingt kein Ton improvisiert, sondern alles genauestens auf einander abgestimmt. Lasst doch den Sänger von Liebe singen. Die Stimme ist das Instrument, das in diesem Track unverzichtbar ist. Da ist der Text (fast) egal.

6. The Cathedral in the Sky
Eine spacige Soundcollage öffnet die Pforten des Himmels und die beschwingte Kirchenorgel lädt den Hörer in die Kathedrale ein. Zu einer fröhlichen Melodie der Orgel gesellt sich zunächst eine Basslinie bis dann ein Choral in das Geschehen eingreift.

Nach diesem Intro wird die Kanzel von Gitarre, Schlagzeug und Wilson übernommen. Über die Orgelmelodie legt sich ein Rockband-Sound, was aber nicht im Widerspruch steht. Es ist vielmehr bemerkenswert, wie die treibende Orgel den Bandsound unterstützt. Die Symbiose wird überraschend perfekt, wenn der Choral erneut einsetzt. Gleichberechtigt treffen kirchenmusikalische Elemente mit Rock zusammen und ergänzen sich zu einem sehr intensiven Sound.

Es geht nach dieser synästhetischen Reise in eine Strophe über, die wiederum in einem Choral gipfelt. Das Schlagzeug spielt nahezu militärische Rythmen während eines Instrumentalteils, auf den die der Anfangsteil folgt. Ein Glockenspiel kommt hinzu. Schlagzeug und Gitarre geben dem Hörer das Gefühl, einem Gewitter beizuwohnen. Mit dem etwas langsamer gespielten Orgelthema des Intros wird der Hörer aus der Kathedrale heraus begleitet. Die Gitarre spielt wild Tonleitern rauf, der Hörer fällt auf die Erde zurück und der Ausflug ins „Out There“ endet.


Fazit (MarLEON)
Kitschig oder schön? Ich finde beides. Mein erstes Wakeman-Solo-Album hat mir gut gefallen und ich kann die teilweise negativen Bewertungen dieses Albums, die ich nach Schreiben meines Teils gelesen habe, nicht nachvollziehen. Vielleicht könnte ich das, wenn ich weitere Wakeman-Alben gehört habe und feststelle, dass sie sich wiederholen. Dies ist in Ansätzen auch schon bei „Out There“ zu beobachten, allerdings überwiegen hier ganz klar die verschiedenen Assoziationen, die die Musik hervorruft, sowieso versierte Instrumentalpassagen, die einfach Spaß machen.
Und was mir immer wichtig ist, man hört eindeutig raus, dass es sich hier um ein Soloalbum eines Keyboarder handelt.

Fazit (MARleon)
Ich kenne fast alle Solo-Alben von Rick Wakeman und kann deshalb sagen, dass Out There keinem seiner anderen Alben gleicht. Sicher kommen manchmal Erinnerungen an das eine oder andere Album auf, doch hat RW hier nie bei sich selbst abgeschrieben oder alte Klänge aufgemotzt. Out There ist wohl das rockigste, was Rick bisher eingefallen ist. Dass es nicht zu einer musikalischen Kraftmeierei verkommen ist, liegt an den Kompositionen selbst und an der Umsetzung durch die Musiker, die hier ihr Potential ausschöpfen konnten. Für mich eines der besten Wakeman-Alben aus seiner späteren Schaffensperiode.
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Aprilfrost
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Re: Rick Wakeman - Out There

Beitrag von Aprilfrost »

Ich schicke mal zwei Appetizer nach. Trotz der berühmt-berüchtigten youtubschen Klangqualität bekommt man schon mal einen ganz netten Eindruck von dem Album. Hier kommen Track 1 und Track 6:

[youtube]ENXER5x-47E[/youtube] [youtube]z8iBQtDLQ6w&feature=related[/youtube]

(Track 1 ist im Original noch 3 Minuten länger.)
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JJG
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Re: Rick Wakeman - Out There

Beitrag von JJG »

Tolle Team-Arbeit! Übrigens gibt es die DVD von selbigen Album beim Oster-Rätsel zu gewinnen.
"We are truth made in heaven, we are glorious" (Anderson/Stolt 2016)

Saaldorf
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MelloKey
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Re: Rick Wakeman - Out There

Beitrag von MelloKey »

Danke für diese ausführliche Vorstellung, MARLEON [smilie=thumbsup.gif] !

Auf das Album hatte ich schon länger ein Auge geworfen, da es mir vom Konzept her immer interessant erschien, aber jetzt weiß ich, dass ich es mir auf jeden Fall zulegen werde! Aufgrund eurer Rezi denke ich, dass es mir gefallen wird.
JJG hat geschrieben:Tolle Team-Arbeit! Übrigens gibt es die DVD von selbigen Album beim Oster-Rätsel zu gewinnen.
Das ist doch ein guter Ansporn, mitzurätseln. Hoffentlich wird´s nicht allzu schwer ;).

Member X
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Re: Rick Wakeman - Out There

Beitrag von Member X »

JJG hat geschrieben:Tolle Team-Arbeit! Übrigens gibt es die DVD von selbigen Album beim Oster-Rätsel zu gewinnen.
Ich will keinen entmutigen, aber die DVD ist die einzige, die ich wieder hergegeben habe. Gott sei Dank sind ja aber Geschmäcker verschieden.
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SOON
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Re: Rick Wakeman - Out There

Beitrag von SOON »

Klasse! Toll gemachte umfassende Vorstellung!
Ich habe auch die DVD.
es gibt zwei Gründe die mich davon abhalten die Scheibe nicht wieder mal einzulegen!
1. der Gesang
2. die abgedroschene Science-Fiction Story
MAKE PROG NOT WAR ! ---> ---> My 2024 Album Faves
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