Talk Talk

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Fragile
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Talk Talk

Beitrag von Fragile »

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Biographie:
Gegründet werden TT 1981 in der Besetzung Mark Hollis (voc, *4. Januar 1956 in Tottenham, London), Paul Webb (bg, *16. Januar 1962 in Essex), Lee Harris (dr, *20. Juli 1962) und Simon Brenner (kb) gegründet. Webb und Harris kannten sich bereits aus Schulzeiten. Im Juli 1982 erscheint das Debütalbum "The Party's Over", womit sie schon mal zu einem Geheimtipp in der britischen Musikszene werden. Kritiker vergleichen den Gesang von Frontmann Hollis mit David Bowie und Bryan Ferry. Erste kleine Singlehits wie "Today", "Another Word" und "Talk Talk" können sie auch schon verzeichnen. Einen größeren Bekanntheitsgrad erreicht die Band, als sie am 2. Oktober 1982 in der Milton Keynes Bowl im Vorprogramm des legendären Genesis-Reunion-Konzertes (mit Peter Gabriel und Steve Hackett) auftritt.
Kurz danach verlässt Keyboarder Simon Brenner die Band, die Band beschließt als Trio weiterzumachen. Man findet zwar einen Nachfolge-Keyboarder in Tim Friese-Greene, der allerdings trotz seiner Tätigkeit als Tastenmann und auch aktiver Songwriter-Partner von Hollis auf den Alben nicht als vollwertiges Bandmitglied verzeichnet wird. Auch bei Konzerten spielt er nicht mit.
Das zweite Album "It's My Life" erscheint im Februar 1984 und bedeutet schließlich den Durchbruch für die Band auch auf dem europäischen Festland. Sehr erfolgreich wird es in den Niederlanden, wo es sich 64 Wochen in den dortigen Albumcharts halten kann. Album sowie die Singles "Such A Shame", "Dum Dum Girl" und der Titelsong (2003 in der Coverversion von No Doubt erneut ein Welthit) werden zu ihren größten Erfolgen. Eine zwar kommerziell aber nicht künstlerisch befriedigende Phase für die Band. Hollis und Friese-Greene beschließen daher, in Zukunft etwas ambitionierter zu komponieren und texten und sich auch etwas mehr aus dem New Wave-Fahrwasser zu entfernen. Das Ergebnis lässt sich auf dem im März 1986 erschienenen dritten Album "The Colour Of Spring" hören, was zu ihrem größten Erfolg in ihrer britischen Heimat wird (der Vorgänger "It's My Life" hatte dort nur eine Top 40-Platzierung erreicht). Gastspiele auf dem Album geben u.a. Steve Winwood und Peter Gabriel-Gitarrist David Rhodes. Es folgt eine sehr erfolgreiche Welttournee, aus der das Livealbum "London 1986" (veröffentlicht 1999) hervorgeht und die auch einen Auftritt beim Montreux Jazz Festival 1986 (2008 auf DVD veröffentlicht) beinhaltet.
Noch ambitionierter und experimentieller werden schließlich die nächsten beiden Alben "Spirit Of Eden" (September 1988) und "Laughing Stock" (September 1991), letzteres erscheint auf dem Jazzlabel Verve. Die Erfolge von 1984-86 können die Alben zwar nicht ganz wiederholen, heute gelten sie allerdings unter Kritikern als wichtigste Vorläufer des sogenannten Postrocks (Bands: Sigur Ros, Mogwai, Tortoise, Stereolab, Godspeed You! Black Emperor, Aereogramme).

1992 lösen Talk Talk sich schließlich auf. Mark Hollis bringt 1998 sein einziges Soloalbum heraus und hat sich seitdem weitgehend aus dem Musikgeschäft zurückgezogen. Paul Webb und Lee Harris gründen 1994 eine Band namens .O.rang und machen musikalisch da weiter, wo sie mit Talk Talk aufgehört hatten, sie bringen es immerhin auf zwei Alben (1994 und 1996), ein drittes wurde für 2001 angekündigt, ist aber bis heute nicht erschienen. Webb legt sich zusätzlich das Pseudonym "Rustin Man" zu und nimmt mit Portishead-Sängerin Beth Gibbons ein von der Kritik vielgelobtes Album ("Out Of Season", 2002) auf.


Diskographie:
The Party's Over (1982)
It's My Life (1984)
The Colour Of Spring (1986)
Spirit Of Eden (1988)
Laughing Stock (1991)
He's seen too much of life,
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Fragile
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Re: Talk Talk

Beitrag von Fragile »

Im kommenden Frühjahr steht die Veröffentlichung einer Biographie über Talk Talk an. Neben der Band-Biographie wird es auch Äußerungen von musikalischen Weggefährten und prominenten Fans der Band geben. So soll das Cover aussehen.

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Eine Website mit ausführlicheren Infos zu diesem Buch gibt es auch: http://spiritoftalktalk.com/
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SOON
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Re: Talk Talk

Beitrag von SOON »

eine der interessantesten Bands der 80er.
Die Entwicklung vom Teenie-Pop zu Spirit Of Eden und Laughing Stock ist unvergleichlich.
Normalerweise machen die meisten Bands am Anfang ihrer Karriere die ambitionierteste Musik.

An dem Mark Hollis Soloalbum beiß ich mir heut noch die Zähne aus, so sperrig und unzugänglich ist es.
Merkwürdig, dass da, die letzten Jahre, nichts mehr kam.
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Fragile
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Re: Talk Talk

Beitrag von Fragile »

Heute wurden übrigens die TT-Alben als Original Recording Remasters wiederveröffentlicht. Es soll sich dabei allerdings lediglich um nur wenig verbesserte Versionen der 1997er Remasters handeln und das letzte Album "Laughing Stock" wurde auch für die neuen Versionen nicht berücksichtigt.

Darüber hinaus werden "The Colour Of Spring" und "Spirit Of Eden" am 13. April 2012 auch als Vinyl+DVD Editionen veröffentlicht.

Ach ja, die Solo-Platte von Mark Hollis ist mir bisher auch noch nie zu Ohren gekommen.
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Aprilforst
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Re: Talk Talk

Beitrag von Aprilforst »

Fragile hat geschrieben:Bild
Soso, hat sich der alte Chris Roberts jetzt aufs Schreiben verlegt... Bild

Ich kenne das Hollis-Solo-Album und habe es vor Jahren wieder beiseite gepackt. Muss es noch mal hervorkramen. Ich erinnere mich nur, dass es sehr ruhig war.
Die Musik beruht auf der Harmonie zwischen Himmel und Erde, auf der Übereinstimmung des Trüben und des Lichten. Hermann Hesse.

DocFederfeld
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Re: Talk Talk

Beitrag von DocFederfeld »

Spirit Of Eden ist ein Geniestreich. Bands oder Künstler, die so konsequent neue Wege gehen, bewundere ich ganz besonders. Daher steht Spirit Of Eden für mich auch in einer Reihe mit Low, Nebraska oder Kid A.

Das oben erwähnte "Out Of Season" von Beth Gibbons und Rustin Man ist übrigens auch sehr gelungen.

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Re: Talk Talk

Beitrag von Fragile »

Wer sich übrigens von den Livequalitäten dieser Band überzeugen lassen will, lege ich folgende Ton- und Bildträger ans Herz (highly recommended). Beide aufgenommen 1986 auf der "Colour Of Spring"-Tour:


London 1986 (1999)

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-Tracklist:
1. Tomorrow Started
2. Life's What You Make It
3. Does Caroline Know?
4. Living In Another World
5. Give It Up
6. It's My Life
7. Such A Shame
8. Renée



Live At Montreux 1986 (mit kompletter Setlist)

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-Tracklist:
1. Talk Talk
2. Dum Dum Girl
3. Call In The Night Boy
4. Tomorrow Started
5. My Foolish Friend
6. Life's What You Make It
7. Does Caroline Know?
8. It's You
9. Living In Another World
10. Give It Up
11. It's My Life
12. I Don't Believe In You
13. Such A Shame
14. Renée



1986 war es übrigens das letzte Mal, dass die Band live auftrat. Bei den immer komplexeren und ausgefeilteren Stücke der beiden Folgealben war es laut Mark Hollis unmöglich, sie auf die Bühne zu bringen.
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Re: Talk Talk

Beitrag von Fragile »

Anscheinend hat Mark Hollis, nachdem er nun 14 Jahre wie vom Erdboden verschlungen war, mal wieder ein wenig Blut geleckt und neue Instrumentalmusik für eine TV-Serie geschrieben.

http://pitchfork.com/news/47680-talk-ta ... show-boss/

Ob es auch ein neues SOloalbum von ihm geben wird, steht aber nach wie vor in den Sternen.
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Re: Talk Talk

Beitrag von Fragile »

Hier gibt es auch noch mal ein wunderbares Konzert aus Salamanca, Spanien (10.09.1986) vor prächtiger Kulisse zum Download:

http://www.dimeadozen.org/account-login ... d%3D102404

Setlist:
Talk Talk
Dum Dum Girl
Call It the Night Boy
Tomorrow Started
My Foolish Friend
Life Is What You Make It
Mirror Man
Does Caroline Know
It's You
Living In Another World
Give It Up
It's My Life
Such A Shame
Renee
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Re: Talk Talk

Beitrag von Fragile »

Zum (etwas verspäteten) 25-jährigen Jubiläum von "Spirit Of Eden" poste ich hier einmal die originale ME/Sounds-Kritik zu diesem Album. Damals war sie nämlich dort die "Platte des Monats" und erhielt dort eine der ganz wenigen positiven Kritiken.


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ME/Sounds Oktober 1988, Autor: Klaus von Seckendorf

Talk Talk - Spirit Of Eden

Es soll immer noch Leute geben, die Talk Talk für "Synthie-Popper" halten. Mit dem vierten Album macht Bandchef Mark Hollis nun unmissverständlich deutlich, dass seine Ambitionen über die Popcharts hinausgehen. Spätestens das 1986er-Album THE COLOUR OF SPRING hätte jeden Zweifel beseitigen müssen: akustisch instrumentierte Wehmut, von gängigen Trends Meilen entfernt.
Erst zwei Jahre später folgt nun die Fortsetzung. Und die stellt alles bisher "getalkte" in den Schatten. Hollis und sein längst auch als Musiker und Komponist voll beteiligter (Mit-)Produzent Tim Friese-Greene haben viel riskiert: Zunächst einen athmosphärisch-orchestralen Einstieg, den nur zu schätzen weiß, wessen musikalische Vorlieben bis zu Miles Davis reichen (in diesem Fall ist Henry Lowther der Mann mit dem melancholischen Trompetenton). Seltsame Stil- und Rhythmuswechsel wollen verkraftet sein, unerwartete Abbrüche, meditative Ruhe, aber auch rohe Gitarrenriffs und manche Dissonanz. All das fließt dennoch mit größter Selbstverständlichkeit dahin, wirkt weder aufgesetzt noch konstruiert.
Als "Reaktion gegen das, was momentan auf dem musikalischen Sektor geschieht" hat Sänger (Pianist und Gitarrist) Hollis seinen Geniestreich beschrieben. Auf Klassik (die impressionistische) und Filmmusik beruft er sich. Aber mindestens ebenso wichtig sind Rock und Pop der späten 60er/frühen 70er. Die Blues-Mundharmonika wimmert, die Hammondorgel jault, und der Soundtrack für "Easy Rider" ist manchmal in greifbarer Nähe.
Auf der A-Seite gehen die drei Titel bruchlos ineinander über. Schon der erste führt nach dem erwähnten Intro über Bluesnahes und Psychedelisches zu verhaltenen Klavierakkorden wie von Satie. Wie schon bei THE COLOUR OF SPRING täuscht der Titel SPIRIT OF EDEN darüber hinweg, dass Idylle und Paradies aus der Talk Talk-Perspektive nichts simpel Greifbares sind. Hymnische Schönheit haben die insgesamt 16 Musiker (vom Kirchenchor ganz zu schweigen) nicht gescheut. Aber sie ist stets sanft gebrochen, jenseits banaler Klischees. Sie beruht nicht auf kalkuliertem Wohlklang, sondern auf der Raffinesse der nie protzigen Arrangements, auf der intimen Grundhaltung: Mit offener Brust rennt Hollis auf das Trendmesser zu.
Musikalische Ereignisse ohne Schwulst - nur die ewiggleiche (wenn auch dezente) Weinerlichkeit von Hollis' Gesang ist auf die Dauer denn doch ein Schwachpunkt. Mir fällt so schnell keine Popproduktion ein, die gleichzeitig so privat klingt (manchmal mit der rauen Wucht eines Demobandes aus dem Übungskeller), dann aber wieder so ausgetüftelt bis ins letzte wohldosierte Detail (toll vor allem, wie die Holzbläser von der Oboe bis zum Fagott eingesetzt wurden). Bei jedem Anhören wird das deutlicher. Und oft gehört habe ich SPIRIT OF EDEN schon deshalb, weil ich die Platte vielen Leuten vorspielen wollte.
Das könnte auch in zehn Jahren noch so sein: ein Klassiker!?



Bei Erscheinen des Albums waren die Kritiken nämlich eher gemischt. Viele Kritiker wussten vor allem nicht, wie man mit den ungewohnten Klängen und Arrangements umgehen sollte - zumal sie von einer bislang als Popband etablierten Gruppe stammten. Der Spectator schrieb:

"Es ist entweder ein äußerst verdienstvolles und mutiges Werk oder ein Haufen Müll – ich kann mich nicht entscheiden, was von beidem."


Der Rolling Stone Album Guide gab dem Album sogar 1992 noch nur einen von fünf Sternen ("desaströs"):

"Anstatt entweder besser oder schlechter zu werden, wurde diese Band mit jedem Jahr einfach nur prätentiöser ... mit Spirit of Eden wird Mark Hollis' Gesang, der klingt wie Pete Townshend auf Dimenhydrinat, vom sinnlosen Genudel der Band beiseitegedrängt."


Heutzutage wird das Album auf wesentlich breiterer Ebene als Meisterwerk angesehen. So wählte der Musikexpress "Spirit of Eden" im Jahre 2003 auf Platz 5 der "Besten Alben der 80er".
Allmusic gab dem Album 5 von 5 möglichen Sternen. (http://www.allmusic.com/album/mw0000652670)
Pitchfork Media führte die Platte im Jahre 2002 immerhin als Nr. 34 in seiner Liste der "100 besten Alben der 80er Jahre" auf, und zwar noch vor Klassikern wie "Licensed to Ill" (Beastie Boys) oder "Computerwelt" (Kraftwerk) und schrieb:

"Gewöhnlicherweise verwendete Bezeichnungen für Musik, die sich keinem Genre zuordnen lässt, wie Obscuro oder Postrock, muss man gar nicht anwenden - Spirit of Eden ist der Klang der Eleganz schlechthin."

http://pitchfork.com/features/staff-lis ... e-1980s/7/


Und nicht zuletzt schrieb Musikkritiker Alan McGee 2008 im Guardian:

"'Spirit of Eden' ist alterslos; es ist erstaunlich, wie zeitgenössisch es klingt, es nimmt Post-Rock, The Verve und Radiohead vorweg. So klingt ein Künstler, dem man die Schlüssel zu einem Königreich aushändigt und der mit einem Kunstwerk zurückkehrt."

http://www.theguardian.com/music/musicb ... markhollis
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