Newsom, Joanna

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Fragile
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Newsom, Joanna

Beitrag von Fragile »

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Anlässlich ihres neuen Albums und den anstehenden Deutschland-Konzerten im Mai sei mal dieser Thread über die kalifornische Singer-/Songwriterin eröffnet.

Joanna (*18. Januar 1982 in Nevada City/Kalifornien) gehört zusammen mit Künstlern wie Devendra Branhart, Andrew Bird, Will Oldham oder Sufjan Stevens zu einer neueren amerikanischen Musikbewegung die man "New Folk", "Psychedelic Folk", "New Weird America" oder "Freak Folk" nennt. Neben ihrem Hauptinstrument, der Harfe, spielt sie auf ihren Alben auch Tasteninstrumente. Ziemlich stark polarisiert Joanna wegen ihrer Gesangsstimme, die irgendwo zwischen mädchenhaften Timbre, heiserem Kieksen und "Knödel"gesang oszilliert und den Hörer beim Erstkontakt womöglich etwas verstören mag. "Kate Bush auf Speed" gehört da schon zu den freundlicheren Umschreibungen für ihren Gesangsstil, den Joanna persönlich als "silly" bezeichnet. Mir selber gefällt ihre Stimme auf den Alben auch immer noch nicht richtig gut, habe mich aber inzwischen daran gewöhnt. Auf diversen Liveaufnahmen bei youtube ist der Gesang etwas besser zu ertragen, was für Novizen vielleicht der bessere Einstieg wäre. Allerdings hat sich ihr Gesang zwischen dem ersten und dem zweiten Album etwas gebessert und auf dem neuesten Dreifach-Album "Have One on Me" ist er auch gar nicht mehr so nervtötend, im Gegenteil. Auch Musik und Texte schweifen besonders auf dem zweiten Album manchmal sehr aus, aber keine Bange, Joanna Newsom ist nicht The Mars Volta.
Ansonsten sollte man vielleicht mal ein Konzert von ihr besuchen (ich selber überlege noch, ob ich nach HH fahre), zwischen den Songs erzählt Joanna ähnlich wie Ray Wilson gerne mal ein wenig aus dem Leben und Lacher sind meist auch garantiert.

Bisher hat sie drei Alben ("The Milk-Eyed Mender" (2004), "Ys" (2006) und "Have One On Me" (2010)) herausgebracht. Besonders ihr zweites Album wurde von Kritikern sehr gelobt, es entstand auch unter der Mitwirkung von Van Dyke Parks (Brian Wilson), Steve Albini (Helmet, Bush) und Jim O'Rourke (Wilco, Jeff Tweedy).

STUDIO-ALBEN:

The Milk-Eyed Mender (2004)
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Ys (2006)
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Have One On Me (2010)
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EPs:

Walnut Whales (2002)
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Yarn And Glue (2003)
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Joanna Newsom & The Ys Street Band (2007)
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ingo
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Re: Joanna Newsom

Beitrag von ingo »

Letzter Beitrag der vorhergehenden Seite:

DocFederfeld hat geschrieben: Und was blass und dünn mit der Qualität der Musik zu tun haben soll, weiß ich auch nicht. So braun und dick habe ich Vollenweider auch nicht in Erinnerung :lol:

Ich denke jedenfalls, man kann die langen und komplexen Songs von Joanna Newsom nicht durch "reinhören in Clips" beurteilen - ich habe damals Ys wochenlang kaum aus meinem Player bekommen und trotzdem immer neue Nuancen gefunden.
Ich habe lediglich beschrieben, wie ich diese Musik empfinde. Ein Urteil, ob Musik qualitativ hoch- oder minderwertig ist, wirst du von mir nicht hören. Für mich gibt es nur Musik die mir gefällt oder nicht.
Ich muss aber auch dazu klar stellen, ich war noch nie ein Freund ausufernder Melodien.

BBQ.Master
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Re: Joanna Newsom

Beitrag von BBQ.Master »

ingo hat geschrieben: Ich muss aber auch dazu klar stellen, ich war noch nie ein Freund ausufernder Melodien.
Ach so. Und wie steht es mit Yes?
"It's better to burn out than to fade away ...because rust never sleeps." - Neil Young

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Fragile
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Re: Joanna Newsom

Beitrag von Fragile »

Bin zwar kein großer Kunstexperte und -freund, aber die Anekdoten zum "Ys"-Coverbild in der ME-Ausgabe März 2007 (in der Rubrik COVER-VISIONEN) waren für mich mal ziemlich interessant zu lesen und ein bisschen mehr über die Hintergründe zu erfahren:

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1.) Die Sichel ist ein Sinnbild für den Tod und Verfall.
Weit hergeholt, aber lustig: Die Waffe, mit der der griechische Mythenheld Perseus die Medusa enthauptete, wird als Sichel, meist als Sichelschwert, als so genannte "Harpe" bezeichnet. Die Bedeutung, die man für das Wort "Harpe" am häufigsten findet, ist "Harfe"; auf Französisch.

2.) "Ich fand es angebracht, ein stark mit Symbolik aufgeladenes Coverbild zu haben", so Newsom. "Da sind überall Referenzen an Dekadenz und Tod, Exzess, Überfluss und Verfall." Ein Vogel etwa, der im Fenster landet, kündet gemäß Volksglauben von Tod und Unheil (siehe auch Edgar Allan Poe's "Der Rabe"). Vielleicht gibt's ja weniger Ärger, wenn er eine Kirsche im Schnabel trägt.

3.) Der Haarkranz enthält Weizenähren und Mohnblüten. Weizen sind ein Symbol für Fruchtbarkeit und Wachstum (die Sichel schneidet den Weizen...); Mohn ist bekanntermaßen eine opiumhaltige Pflanze und gilt in Darstellungen auf grabsteinen als Symbol für den "ewigen Schlaf".

4.) Schädel stehen in Bilddarstellungen allgemein für Tod und Mahnung an die Sterblichkeit. Pferdeschädel hingegen wurden gemäß nordischer und angelsächsischer heidnischer Mystik zur Abwehr von Feinden, bösen Geistern, Hexen und Unheil aller Art an Häusern und Lagern aufgehängt.

5.) Der aufgespießte Falter im Rahmen ist die Cosmia-Motte, das titelgebende Insekt aus dem letzten Song des Albums. Falter bzw. Schmetterlinge sind Symbole für Auferstehung (Cosmias Raupe läuft unten rechts auf der Trichterwinde herum) und Erneuerung und für die Seele.

6.) Noch mehr Drogenblumen: Die Trichterwinde (Ipomea violacea), die den Stuhl umrankt, ist eine psychoaktive Pflanze. Ihre Samen werden als Halluzinogen benutzt; sie enthalten LSA (Lysergsäureamin), etwa ein 20stel bis ein 10tel mal so potent wie LSD.

7.) Das Covergemälde stammt von Benjamin A. Vierling (http://www.bvierling.com/ http://www.fromamouth.com/milkymoon/specials/ysart/), einem Maler aus San Francisco und guter Bekannter von Joanna Newsom. Vierling sieht sich inspiriert von der nazarenischen Kunst, einer romantisch-religiösen Kunstrichtung deutscher "mystical painters" aus dem frühen 19. Jh., die der mittelalterlichen und frühen Renaissance-Malerei nacheiferten. Das Originalgemälde ist 71 x 86 cm groß, gemalt in Öl und Ei-Tempera auf Holz. Die Technik - verwendet vor allem im 15./16. Jh. in Nordeuropa - ist zeitaufwändig: Vierling arbeitete ein halbes Jahr an dem Bild. Übrigens saß Newsom weder für Vierling Modell, noch benutzte er eine Fotografie als Vorlage, vielmehr malte er ihr Gesicht und ihre Hände aus dem Gedächtnis nach dem Bil, das sich nach dem ausgiebigen Studium vieler verschiedener Fotografien Newsoms in seinem Kopf gebildet hatte.


Überhaupt war jene März 2007-Ausgabe sehr Newsom-lastig: So gab es ein Special mit den 25 besten Freak-Folk-Alben, wo natürlich auch "Ys" nicht fehlen durfte. Außerdem wurde Joanna von den ME-Lesern zur Solokünstlerin des Jahres 2006 und "Ys" in der Kategorie "Album des Jahres 2006" auf Platz 18 gewählt (bei der ME-Redaktion landete "Ys" auf der 7). Abgerundet wurde das Ganze noch durch einen Konzertbericht ihres Gigs in London (mit Unterstützung des 40-köpfigen London Symphony Orchestras und ihrem damaligen Freund Bill "Smog" Callahan, der die Background Vocals zu "Only Skin" beisteuerte).
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Aprilfrost
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Re: Joanna Newsom

Beitrag von Aprilfrost »

Vielen Dank für die Informationen. Hätte ich kaum was von gewusst. Ich glaube, da ist sogar noch mehr Symbolik im Cover, z. B. die Gesichter an den Stuhllehnen.
Was besagt eigentlich der Albumtitel "Ys"?

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Fragile
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Re: Joanna Newsom

Beitrag von Fragile »

Aprilfrost hat geschrieben:Vielen Dank für die Informationen. Hätte ich kaum was von gewusst. Ich glaube, da ist sogar noch mehr Symbolik im Cover, z. B. die Gesichter an den Stuhllehnen.
Da möchte ich auch drauf wetten. Aber alle weiteren Interpretationen überlass ich da doch lieber allen Kunstverständigen, zu denen ich eindeutig nicht gehöre. Mir gefällt das Cover trotzdem sehr gut. Die Roger Dean-Plattencover lassen ja auch immer genug Raum für Interpretationen.
Aprilfrost hat geschrieben:Was besagt eigentlich der Albumtitel "Ys"?
Ich meine, das wäre irgendeine mythologische Stadt gewesen, die genau wie Atlantis im Meer versunken sein soll. Müsste da aber nochmal genauer recherchieren.
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Re: Joanna Newsom

Beitrag von DocFederfeld »

Fragile hat geschrieben:
Aprilfrost hat geschrieben:Was besagt eigentlich der Albumtitel "Ys"?
Ich meine, das wäre irgendeine mythologische Stadt gewesen, die genau wie Atlantis im Meer versunken sein soll. Müsste da aber nochmal genauer recherchieren.
Angeblich kamen Newsom die beiden Buchstaben Y und S zunächst nur in einem Traum vor - der Albumtitel bezieht sich aber auch auf die Stadt (Quelle).

Link zur Stadt

Im übrigen Danke für die Einstimmung Fragile, ich mache mich gleich auf den Weg nach Frankfurt in die Dreikönigskirche :P

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Re: Joanna Newsom

Beitrag von Fragile »

DocFederfeld hat geschrieben:Im übrigen Danke für die Einstimmung Fragile, ich mache mich gleich auf den Weg nach Frankfurt in die Dreikönigskirche :P
Nix zu danken! Hoffentlich hast du einen unterhaltsamen Abend.
Kann nur hoffen, dass die Gute mal 'ne Live-DVD veröffentlicht.
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Re: Joanna Newsom

Beitrag von Fragile »

Seit vergangenen Freitag ist das neue Album "How I Got Over" der US-amerikanischen HipHop-Truppe The Roots erhältlich. Darauf erhalten ist auch der Song "Right On", der auf "The Book Of Right-On" von Joanna's Debütalbum basiert. Wäre vielleicht auch noch Stoff für den Thread "Bemerkenswerte Kollaborationen".

[youtube]EgUTLQdcC_o[/youtube]

Ich weiß allerdings nicht, ob Joanna wirklich mit den Roots gemeinsame Sache gemacht hat, oder ob die Roots den Song nur gesampelt haben.

Kürzlich gab's im NDR-Kulturjournal auch einen Kurzbericht über sie, inkl. Interview. Leider ohne Anekdoten zu "Ys", trotzdem mal ganz interessant.

[youtube]VmAvEKNg2Mc[/youtube]
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Aprilfrost
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Re: Joanna Newsom

Beitrag von Aprilfrost »

Fragile hat geschrieben: Kürzlich gab's im NDR-Kulturjournal auch einen Kurzbericht über sie, inkl. Interview. Leider ohne Anekdoten zu "Ys", trotzdem mal ganz interessant.
Schöner Beitrag. Aber kann man bei JN wirklich von Pop-Musik reden?

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Fragile
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Re: Joanna Newsom

Beitrag von Fragile »

Aprilfrost hat geschrieben: Schöner Beitrag. Aber kann man bei JN wirklich von Pop-Musik reden?
Naja, sie ist auf jeden Fall weniger poppig als ihr Kollege Vollenweider.
Aber wahrscheinlich kennt man beim NDR auch nur Hafenmusik: :mrgreen:

[youtube]4paKZ9zEZ-k[/youtube]

EDIT: Das ist ja schon das zweite Mal, dass Heino in diesem Thread erwähnt wird. Vielleicht sollte er mit Joanna mal gemeinsame Sache machen.: HARFENMUSIK vs. HAFENMUSIK!!! :shock:

Just kidding. ;)
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DocFederfeld
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Re: Joanna Newsom

Beitrag von DocFederfeld »

Aprilfrost hat geschrieben:Schöner Beitrag. Aber kann man bei JN wirklich von Pop-Musik reden?
Naja, der NDR will sein Publikum ja nicht intellektuell überfordern :twisted: ... wobei "Pop" zunächst ja nur die Kurzform von "Populäre Musik" ist - und da gehört ja durchaus auch Folk, Metal oder leichte Klassik dazu. Die meisten verstehen unter Pop allerdings die Musik, die in den Hitparaden steht und im Privatradio über 24h dudelt - und dann ist Joanna Newsom sicher kein Pop ;)

Der Beitrag ist trotzdem ganz gelungen - insbesondere die Liveaufnahmen von der aktuellen Tour. Ob es da mehr gibt?
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