Circus Brimstone

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nixe
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Circus Brimstone

Beitrag von nixe »

Eine neue Band am ProgHimmel? Na ja, nicht ganz: Circus Brimstone nennt sich die instrumentale Inkarnation der Flower Kings.

Das Line-Up bildet der Kern der aktuellen Flower Kings-Besetzung: Roine Stolt (Gitarre), Tomas Bodin (Tasten), Jonas Reingold (Bass) und Marcus Liliequist (Schlagwerk). Singen tut natürlich keiner ;-)
(Thomas Kohlruß)

2005 live - BrimStoned in Europe
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Allgemeine Angaben:
Erscheinungsjahr: 2005
Besonderheiten/Stil: instrumental; live; Blues; Jazzrock / Fusion; Psychedelic; RetroProg
Label: Foxtrot Records
Durchschnittswertung: 10/15 (2 Rezensionen)

Besetzung:
Roine Stolt guitar
Tomas Bodin keyboards
Jonas Reingold bass
Marcus Liliequist drums

Tracklist:
1. Cosmic Lodge 5:58
2. Astral Dog/Hellhound 13:12
3. Circus Brimstone 15:12
4. The Man Who Walked With Kings 5:17
5. Magic Circus Of Zeb 7:47
6. Speed Wizard/Drumsolo 6:43
7. Retropolis 6:03
Gesamtlaufzeit 60:12

http://www.babyblaue-seiten.de/index.ph ... ent=review
von: Thomas Kohlruß (Rezension 1 von 2)

Circus Brimstone? Kommt einem irgendwie bekannt vor.... ach ja, das war ja ein Songtitel auf dem Flower Kings-Album "Stardust We Are"; und das ist jetzt eine neue Band? Wohl 'ne Flower Kings-Coverband, was? Na ja, nicht ganz: Circus Brimstone ist der rein instrumentale Ableger der Flower Kings und setzt sich aus dem Kern der aktuellen Flower Kings-Besetzung zusammen: Roine Stolt an der Gitarre, Tomas Bodin bedient die Tasten, Jonas Reingold zupft den Bass und Neuzugang Marcus Liliequist spielt das Schlagzeug.

In dieser Besetzung waren die Vier im Frühjahr 2005 auf einer kurzen Tour u.a. in Deutschland unterwegs. Dabei wurde das vorliegende Album vom Soundmenschen mitgeschnitten. Nach einer Überarbeitung im heimischen Cosmic Lodge Studio ergibt sich ein gut klingendes Livedokument mit dem Charakter eines 'normalen' Releases, also keineswegs ein 'official' Bootleg oder dergleichen. Bis auf die Aufmachung, hier gibt's nur einen Pappendeckel ohne Booklet oder dergleichen, ein bisschen enttäuschend, da das Teil zum Preis einer regulären CD verkauft wird.


Liebhaber des bombastisch-sinfonischen Flower Kings-Sounds werden allerdings nicht hundertprozentig auf ihre Kosten kommen. Nicht umsonst heisst dieses Seitenprojekt eben nicht Flower Kings Instrumental, sondern hat sich einen eigenen Namen gegeben. Man setzt schon deutlich andere Schwerpunkte.

Am ehesten wird die Flower Kings-Schiene noch zum Auftakt mit "Cosmic Lodge" (im Original auf Stolts Solo-Album "Hydrophonia" zu finden) und zum Abschluss mit "Retropolis" bedient. Allerdings auch hier schon mit eher abgespeckten Arrangements. Gut, das sphärische "The Man Who Walked With Kings" geht auch noch eher in diese Richtung.

Dazwischen geben sich Stolt und Bodin abwechselnd ihrer Begeisterung für bluesige Klänge hin. Jonas Reingold bollert mit seinem Bass irgendwo zwischen RetroProg und Jazz-Rock dahin und macht auch schon mal richtig Druck. Marcus Liliequist webt einen locker-flockigen Rhythmusteppich, der die Musik so richtig zum Abheben bringt. Neuzugang Liliequist weiss überhaupt zu überzeugen (ein weiteres Mal, nach seinem gelungenen Beitrag auf dem Bodin-Soloalbum "I AM"), so dass der Abgang von Zoltan Csörsz, der ja eine der besten Rhythmussektionen des zeitgenössischen Progs gesprengt hat, immer verschmerzbarer erscheint.

"Circus Brimstone", sozusagen der namengebende Song (Stolt'sche Ansage: "Time to take you to the beginning of it all... those were the days when the air was clean and sex was dirty" ;-) ), kommt für mein Gefühl noch ein bisschen abgedrehter daher. Was hauptsächlich an Keyboarder Bodin liegen dürfte, der neben Ausflügen zu seiner bluesigen Seite auf dem ganzen Album immer wieder tief in die Kiste der elektronischen Spielereien und spaceig-psychedelischen Klänge greift.

Stolt spielt haufenweise ausladende Gitarrensoli, die mitreissen, aber häufig einen ungewohnt bluesigen Touch haben. Mir macht das ja unbändig Spass, dürfte aber nicht jedermanns Geschmack sein. Aber auch jazz-rockige Einlagen kommen vor, auch wenn Stolt sich über diese Spielart nach "Unfold The Future" nicht sehr positiv geäussert hatte. Überhaupt klingt Roine Stolt erfreulich locker, was ja beileibe nicht immer der Fall ist...

Eine gute Stunde hervorragende Instrumentalmusik, live dargeboten, vergeht immer wieder wie im Flug. Der Gesang wird hier keinesfalls vermisst, allenfalls die vermutlich fehlenden Stücke, denn ein bisschen länger werden die Konzerte (von denen ich leider, leider keines besuchen konnte) hoffentlich schon gedauert haben.
Anspieltipp(s): Circus Brimstone
Vergleichbar mit: entschlackten Flower Kings mit Blues-, Psychedelic- und Jazz-Rock-Einflüssen
von: Jörg Schumann (Rezension 2 von 2)

Jahrelang hatte ich mit der allzu inbrünstigen Stimme des Herrn Fröberg so meine liebe Mühe. Erst als ich seine Live-Performance von What if God was Alone gesehen hatte, habe ich meinen Frieden mit ihm gemacht, ja ihn gar schätzen gelernt. Bis dahin waren Instrumentals der Flower Kings verständlicherweise immer ein besonderer Genuss für mich. So auch die geballte Ladung auf "Brimstoned in Europe". Thomas hat die Eckdaten bereits umrissen daher kann ich mich auf einige persönliche Ergänzungen beschränken. Die Songauswahl ist gelungen. Es finden sich hier vor allem Stücke, bei denen das Spiel des Herrn Stolt im Vordergrund steht und voll zur Geltung kommt: ausladende, gefühlvolle Soli, die insgeamt noch etwas relaxter und angebluester daherkommen, als sonst.

Marcus Lilieqvist macht eine Sache gut, einmal darf er gar ein Solo zum Besten geben. Insgesamt fehlt mir das geniale Drumming von Zoltan Czörsz aber schon; das gesamte Rhythmuspaket war auf BetchaWannaDanceStoopid!! einfach noch eine Klasse besser.

Macht nix. "Brimstoned" ist ein gelungenes Live-Dokument, das sich der Flower Kings Fan bedenkenlos in seine Sammlung einverleiben darf.
Vergleichbar mit: den Flower Kings, wem sonst?
Tschüß
nixe

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Re: Circus Brimstone

Beitrag von nixe »

Roine Stolt Cosmic Lodge
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the Flower Kings Circus Brimstone
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the Flower Kings The Man who walked with Kings
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Roine Stolt The Magic Circus of Zeb
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Roine Stolt Shipbuilding
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the Flower Kings the Rainmaker
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Tomas Bodin The Horses from Zaad
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the Flower Kings Retropolis
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Re: Circus Brimstone

Beitrag von nixe »

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Konzertbericht: Circus Brimstone
"An Evening of instrumental Music"
Reichenbach/Vgtl., Bergkeller, 10.04.2005

Ich gewinne langsam den Eindruck, dass sich der Bergkeller zu einem Wallfahrtsort für hochkarätige Musiker, insbesondere aus der progressiven Szene etabliert. So hatte sich für den besagten Sonntagabend der CIRCUS BRIMSTONE angekündigt. Nein, gewiss handelte es sich hierbei nicht um halsbrecherische Artisten oder Dompteure wilder Tiere - hinter diesem Variete verbargen sich vier wahrlich renommierte Musiker.

"Performed By Members Of Flower Kings" wurde schon sicherheitshalber auf den Tourplakaten propagiert, um auch die richtige Klientel für diese nicht alltägliche Performance zu gewinnen. Die beteiligten Künstler müssten sich überhaupt nicht um eine geringe Auftragslage ihrerseits scheren, und das in diesen konjunkturschwachen Zeiten. Ihre musikalischen Ambitionen sind höchstwahrscheinlich in einen übersteigernden Kreativschub begründet. Es ist schon erstaunlich, wie in Anbetracht der Überbeschäftigung einiger der anwesenden Musiker, trotzdem immer noch das Gütesiegel "Besonders wertvoll" zugesprochen werden muss.
Alle Protagonisten haben zumindest eins gemeinsam, sie bilden zusammen die wichtigen kreativen Säulen bei der wohlbekannten schwedischen Progressiv-Formation, den FLOWER KINGS. Einzige Ausnahme dabei bildet der 24 Jahre junge Marcus Liliequist am Schlagzeug, der erst kürzlich (für den ausgeschiedenen Zoltan Csörsz) zur FLOKI Stammmannschaft gestoßen ist. Seine offizielle Livetaufe erfährt er gerade eben bei dieser Instrumentaltour.

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Über die anderen Mitmusiker braucht man wohl kein Zeugnis mehr abgeben, das wurde an anderer Stelle schon zur Genüge getan. Da wären der 32jährige Jonas Reingold am Bass, seit 1999 bei den Blumenkönigen, der nebenbei aber immer sein eigenes Bandprojekt KARMAKANICS am Leben erhält.

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Der übermotivierte Einstein, unermüdliche Kreativkopf und Täufer der FLOKIS (nebst unzähligen Musikerkonstellationen), Roine Stolt (56 Jahre), der in den 70ern mit der Gründung von KAIPA (1975-82) einen wichtigen Grundstein für die skandinavische Prog-Szene manifestierte (das neueste KAIPA-Album "Mindrevolutions" befindet sich quasi in der Pipeline und wird am 30. Mai via InsideOut auf den Markt kommen). Der Ausnahmegitarrist erlebte 1994 sein Comeback mit seinem Solodebüt "The Flower King" (Foxtrott Records), das eigentlich als Bandprojekt geplant war, per se zur Stammformation gleichen Namens avancierte, und dessen kompositorische Vielfalt bis heute von Stolt geprägt wird.

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Tomas Bodin (46) lebt gern seine Obsessionen an den Tasteninstrumenten aus, erforscht gern akribisch jede Form der Klangerweiterung. Er ist nicht nur ein Multitalent an den diversen Tasten, sondern ebenso ein eigenständiger Komponist und Instrumentalist mit großem musikalischem Wissen. Neben seiner langjährigen Zusammenarbeit mit den Blumenkönigen kreierte er Soloprojekte in der Tradition jener Rockalben, die durch Orgel und Keyboards nachhaltig geprägt wurden. Sein letzter Streich wurde unter dem Pseudonym SWEDISH FAMILY (Vintage Prog, Helikon House, Juli 2004) veröffentlicht und wartet mit angeblich schon längst verschollen geglaubtem Material einer ominösen skandinavischen Progband aus den 70ern auf. Kurioserweise verbirgt sich hinter den gefakten Bandmitgliedern die komplette FloKi-Mannschaft, was einen gewissen Sinn für Humor beweist.
Dieses inzestuöse Treiben in der FloKi-Familie nimmt manchmal schon bedenkliche Ausmaße an und sollte sich an diesem Konzertabend mit der neuesten Bandmarotte CIRCUS BRIMSTONE fortsetzen.

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Kurz nach 21 Uhr betraten die Herren gemächlich unter dem erwartungsdurchtränkten Jubel des Publikums die Szenerie. Mit dem Opener Magic Circus Of Zeb ließen sie uns gleich in den wunderbaren musikalischen Kosmos der FLOWER KINGS abtauchen. Der Track lebt von einem bombastischen Grundtenor, gespickt von vertrackten Rhythmen und abgespacten Soli, untermalt mit einem Off-Beat-Muster. Herr Stolt konnte sich hier sogleich aufschwingen, seine Fingerfertigkeit an der Gitarre zu beweisen, und frönte ihr ausgiebig zur Freude der anwesenden Musikliebhaber, mit seiner fast schon Satriani'schen Intonationsweise. Übrigens ist er auch der geistige Vater der Nummer, bzw. platzierte sie auf seinem 94er Solo-Debüt, dessen Sound damals noch recht entschlackt daherkam.
Die Protagonisten machten einen völlig relaxten Eindruck und agierten doch schon mit organisiertem Fleiß an den Instrumenten, wobei hier eine Seelenverwandtschaft untereinander, die solch traumhafte Interaktion erlaubt, nicht von der Hand zu weisen ist.

Das folgende Shipbuilding, vom Stolt'schen Soloschlag "Hydrophonia" (1998), fundamentierte diesen Eindruck nochmals. Hier wurde eigentlich schon Easy-Listening-Prog zelebriert, ohne Anstrengung, flockig und mit einer Leichtigkeit dargeboten, der eine gewisse Banalität nicht verleugnen konnte. Der Youngster an den Trommelfellen bewies hier sein Feingefühl mit seinen Sprüngen zwischen ruhelos groovendem Beat und wuchtigem, punktgenauem Spiel. Marcus wird jedenfalls mit seinem Talent den freigewordenen Arbeitsplatz bei den FloKis in Zukunft ebenbürtig ausfüllen.
Überhaupt beherrschen diese begnadeten Musiker die höhere Kunst der bruchlosen Tempiwechsel aus dem FF, und scheuen sich nicht, Exkurse mit artverwandten musikalischen Genres einzugehen. So bewegen sie sich mit ihren ausgeklügelten Kompositionen in der Schnittmenge zwischen Blues, Art-Rock, Hardrock, Jazz und sogar Latino-Rhythmen. Eine solche "Absolute Musik" ist meiner Meinung nach nur dann zu realisieren, wenn sich alle auf gleichermaßen technisch und spirituell hohem Niveau befinden.

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Der smarte Bodin, der mittlerweile das optische Outfit eines Langzeitkunststudenten angelegt hat, schlüpfte zwischen den einzelnen Kammerstücken in die Rolle des Entertainers, um sie einzeln anzukündigen. Das unter seiner Regie entstandene The Horses From Zaad (CD "Sonic Boulevard", InsideOut 2003) bediente sich ganz ungeniert in der Retro-Kiste, mit einem leicht angestaubten Hammond- und Mellotronsound, immer wieder durchbrochen von der meisterhaften Gitarre, bekam aber gegenüber der Studioversion mehr Improvisationsfreiraum.
Das Quartett absolvierte sein Zusammenspiel höchst stimmig und symbiotisch, wie auch die rhythmische Aufladung eine Selbstverständlichkeit aufwies, die Staunen machte. Die sensiblen Soundtüfteleien, Klangfärbungen und Collagen aus freiem Spiel, gereichen jedem Profi zu Ehren.
[Sind doch auch Profis, oder? Red., Amateurklasse]
Die unterschiedlichen Kompositionen sind in ihren Strukturen durchdacht und dramaturgisch wirkungsvoll ausgearbeitet, wirken aber nie kalt, sondern trotz Improvisationen ausgesprochen emotional. Die dargeboten Stücke aus dem gesamten Spektrum der bisherigen Gruppen- und solistischen Studio-Arbeiten, entfaltete ohne Gesang ihre wahre Pracht - wie ein Schmetterling, der sich endlich von seinem Kokon befreit.

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Mit Surjamten wurde auch eine Komposition von Bodin's SWEDISH FAMILY-Output herangezogen, um dem Konzertabend eine unterschwellig spartanische Note zu verleihen. Musikalisch tendierte es in Richtung "Folkrock mit progressivem Einschlag", angejazzt aber sporadisch fließend, mit einer atmosphärischen Hammond a la CAMEL versehen.
Derart entspannt, konnte sich der Hörer nun auf die abgedrehte Reise durch den Circus Brimstone begeben. Ursprünglich auf dem "Stardust We Are"-Doppelalbum (InsideOut, 1997) zu finden, wurden hier mit Perfektion die instrumentalen Spannungsbögen aufgebaut und entladen, um bei geschlossenen Augen jeglichen Gedanken an fleischliche Musiker zu entsagen [Autsch! Red., liebt Fleisch]. Der Rhythmus variierte dabei ständig, wobei Stolt und Bodin alles aus ihren Instrumenten herausholten. Das eingebundene, ausufernde Bass-Solo von Gildenlöw versetzte so manchen anwesenden Jazzliebhaber in sein Himmelreich, von skurrilen bis völlig relaxten Partien wurde alles aufgeboten.
Stilistisch bewegte sich das Quartett gern zwischen zeitgenössischem europäischen Jazz und Avantgarde, mit der nötigen pulsierenden Figuration und den daraus resultierenden Reibungen.
Mit The Rainmaker vom gleichnamigen FLOWER KINGS-Epos (InsideOut, 2001) kosteten sie die stilistische Vielfalt vollmundig aus, epischen Momenten, komplexen Themen mit klassischer Inspiration zu frönen, um fast schon andächtig Sakrales zu schaffen, wie man es von dieser Band gewohnt ist.

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Nach einer kurzen Kunstpause eröffneten die Schweden mit dem abgedrehten Instrumental Astral Dog (CD "Flowerpower", InsideOut, 1999) den zweiten Teil des musikalischen Reigens. Hier reitet Stolt genüsslich auf den Tönen, selbst seine schrägen Saitenmalereien erlebten eine eigene Ästhetik.
Aus dem großen Reservoir des FloKi Fundus geschöpft, kam nun auch Reingolds Band-Projekt KARMACANICS zur Vorstellung, bei dessen symphonischen Elementen er nebenher seine unterschwellige Neigung zu jazzigen Akzenten ausleben durfte. Where The Earth Meets The Sky (CD "Wheel Of Life", Regain Rec., 2004) begeisterte nach dem einleitenden grandiosen Pianoteil mit einer sehr geschlossen Gruppenarbeit. Neben weiten Improvisationsräumen dominierten hier die relaxte Gitarre und der flächige Keyboardsound. Dass bei dem basslastigen Track Herr Reingold mit seinem exquisiten Spiel brillieren durfte, war wohl von vornherein verständlich.
Auch The Man Who Walked With Kings (CD "Stardust We Are", InsideOut, 1997) ist ein eher ruhigeres Stück, musikalisch mehr angesiedelt im weit gefächerten New-Age Bereich, und wird insbesondere vom exzellenten Gitarrenpart am Ende gerettet. Der Grandsigneur an den Saiten zeigt hier abermals mit seiner eigenen Note, dass er sein Instrument nicht nur technisch im Griff hat, sondern auch die gesamte Bandbreite von Effekten hinreisend interpretieren kann.

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Die meisten gespielten Tracks sind betont entspannt und tragen ihre erregende Energie genüsslich witzig mit sich. Mit dem anschließenden Speed Wizard von Bodin's Solo-Werk "An Ordinary Night In My Ordinary Life" (Foxtrott, 1996), wusste dieser dann mit den verschiedensten, fast schon irrationalen Keyboardsounds und Samples aufzutrumpfen. Ansonsten lebt dieses schräg-verspielte Teil von dieser Magie, die den Zuhörer automatisch zum mitwippen animiert.
Das mit seinem verschleppten Rhythmus beseelte Cosmic Lodge aus dem Stolt'schen Kreativschaffen "Hydrophonia" (1998), untermalt von einem groovenden Schlagzeug, setzte dann vorerst den Schlusspunkt für diesen Konzertset.
Die euphorischen Beifallsbekundungen des Bergkeller-Publikums mussten letztendlich mit einer musikalischen Zugabe belohnt werden. Beim Titelstück des FloKi Hammeralbums "Retropolis" (Foxtrott, 1996) gab es dann noch einmal Breitwandsound mit Gänsehautgarantie auf die Ohren. Es ist in seiner melodischen, instrumentalen und rhythmischen Vielfalt wohl nicht mehr zu überbieten. Das bombastische Arrangement lädt die Probanden zu einer göttlichen Bewusstseinsreise ein. Gleich einem Schamanen-Ritual, zwischen Ayurveda-Behandlung und buddhistischer Selbstfindung, soll es den geplagten Seelen die geplante Erlösung bringen.

Nach diesem, etwas über zwei Stunden währenden, musikalisch-transzendenten Exkurs verließen die Vier, begleitet von den Ovationen der Anwesenden, mit zufriedenen Gesichtern die Szenerie. Ich glaube dabei kurzzeitig auch ein verschmitztes Lächeln auf dem sonst verschlossenen Gesicht von Roine Stolt gesehen zu haben.
Danach versüßte man sich in gewohnter "familiärer" Atmosphäre dieses Ereignis noch mit begehrten handsignierten Tonträgern, lockerem Smalltalk mit den Musikern und einem Kelch roten Rebensaftes.

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Nun könnte man an dieser Stelle über Sinn und Unsinn solcher Bandkonstellationen bzw. Liveprojekte philosophieren, ich möchte mich hier aber keinesfalls als penetranter Selektierer aufspielen. Solange es solche Vollblutmusiker gibt, die ihr gesamtes musikalisches Wissen, ihre Visionen, mit den eigenen Ausdrucksmitteln, mit anderen teilen wollen, solange werden auch die Fantasien und Emotionen bei der anspruchsvollen Rockmusik nicht verblassen. Herr Stolt meinte einst dazu: "Es gehört zu unseren kreativen Eigenarten, unsere Musik zeitlich wie stilistisch auszudehnen, um zu sehen, wie weit man Themen und musikalische Strukturen weiterentwickeln kann" (Zitat).
Als letzte Instanz bestünde natürlich beim nächsten Mal auch die Alternative, das Eintrittsgeld für einen Besuch beim Psychologen anzulegen.
[Gibt es denn Psychologen, die einen mit Wein, Weib und Gesang behandeln? Red., reif für die Couch]
Rock'n Roll will never die!

Mein persönlicher Dank für den freundlichen Support geht an Uwe & das Bergkeller-Team und InsideOut Music.

Ingolf Schmock, (Artikelliste), 10.05.2005
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